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Home | Friedhöfe | Zentralfriedhof | Ehrengräber | Restgruppen | Gr. 31 B, Hrdlicka

Alfred Hrdlicka 
Bildhauer und Grafiker, 1928 - 2009


Alfred Hrdlicka und Gattin Barbara
Bildhauer, Grafiker, Maler, Schriftsteller, 1928 - 2009

Zentralfriedhof, Gruppe 31 B, Reihe 13, Nr. 20

Bildhauer: Alfred Hrdlicka
Material: Bronze

  


Die ungewöhnliche Grabstätte von Bildhauer Alfred Hrdlicka und seiner Gattin Barbara liegt unweit von Tor 2, ganz in der Nähe vom Beethovengrabmal.

Hrdlicka soll zwar "Turteltaube" heißen, doch als zahm und sanft erwies sich der Künstler weder in seinen Themen noch in der Wahl seiner Materialien.

Die Skulpturen fallen auf. Sie sind ein Blickfang. Sie sorgen bei so manchen Friedhofsbesuchern für Erstaunen und Diskussionen. (Die Friedhofsverordnung hält übrigens fest, dass das Betreten von femden Gräbern verboten ist).

1994 wurde hier die Ehefrau des Bildhauers, Barbara Hrdlicka, begraben, 2009 folgte er ihr nach.

erster Grabstein aus weißem Kalkstein, 1995 aufgestellt
 
zweiter Grabstein, Bronzeausführung, 2008 aufgestellt

2008, zum 80-jährigen Geburtstag des Künstlers war die Skulptur "Gummitod", entstanden 1972/75, auf der Albertina aufgestellt.
Größe 190 cm x 70 cm x 90 cm, Guss 2007, Firma Zöttl.

In einem Interview sagte Hrdlicka, dass ihm die Idee dazu bei einer Striptease-Vorführung in London gekommen sei. Auch in einigen Grafiken handelte er das Thema "Gummitod" ab.

Beschreibung

Der Grabstein zeigt einen Frauenköper, der sich mit dem Tod vereint. Der Tod ist als Skelett dargestellt, welches den Frauenköper festhält, zu sich zieht, sich auch intim mit ihm vereinigt. "Sie hat mich verlassen, jetzt betrügt sie mich mit dem Tod."

Gleichzeitig wird auch der Kreislauf des Lebens dargestellt: der Geschlechtsakt steht für die Geburt, der Frauenkörper für das Leben und das Skelett für den Tod.

Die Frau trägt auf ihrem rechten Fuß einen Stöckelschuh mit breitem Absatz, vielleicht ein Fetisch des Künstlers - auch seine späteren Lebenspartnerinnen trugen solche Schuhe.

 

Auf der Grabplatte liegt eine nackte, männliche Figur, sie scheint sich vor Schmerzen zu winden (Abschiedsschmerz), versucht sich aufzubäumen (gegen den Tod) und kommt doch nicht an gegen die Endlichkeit.

Der linke Arm und das linke Bein sind nur ansatzweise ausgeführt ("es fehlt die bessere Hälfte"). Die linke Hand ist kämpferisch zur Faust geballt.

Der Männertorso entstand lange vor der Aufstellung hier am Grab, im Jahre 1965. Die Signatur befindet sich am rechten Oberschenkel (siehe Bild unten).

Hrdlicka hat sich für seine Figur einen delikaten Blickpunkt ausgesucht: der Kopf schaut direkt hinauf zum Gesäß der Frauengestalt. Hrdlicka: "Ich bin ein pornografischer Mensch, alle Kunst geht vom Fleisch aus."

Signatur "A. Hrdlicka 1965" am Oberschenkel des Männertorsos auf der Grabplatte

Alfred Hrdlicka am Grab seiner Gattin Barbara, Aufnahme 1994. In Ermangelung einer Gießkanne holte Hrdlicka mit dem weißen Plastiksackerl Wasser und goß damit die zuvor in die Erde gesteckten Rosen.

kein Ehrengrab

Jedenfalls verfügte Alfred Hrdlicka noch zu Lebzeiten, dass auch er einmal hier beigesetzt werden will. Er, der niemals auch nur eine Ehrung annahm, wollte auch kein Ehrengrab der Stadt Wien bekommen.

Scheinbar kann es das Kulturamt dennoch nicht lassen (ein Toter kann sich ja nicht wehren): angeblich soll die Grabstätte den Status eines "ehrenhalber gewidmeten Grabes" bekommen, was bedeutet, dass die Grabmiete von der Stadt Wien übernommen wird, die Grabpflege wird weiterhin der Familie obliegen.

Und die wird nicht viel machen müssen, kommt doch seit längerer Zeit eine ältere Dame regelmäßig ans Grab, kehrt und poliert die Grabplatte, um sie dann mit kitschigen Plastikblummen vollzustellen.

Wer sie antrifft, sei vorbereitet von ihr etwas verwirrende Aussagen zu hören wie: ".. da liegen meine Eltern drinnen, die haben den Hitler verraten ...".

 

Begräbnis Alfred Hrdlicka

Aufbahrung in Halle 2
Hrdlicka wollte eine offene Aufbahrung im rot lackierten Sarg.
Neben ihm stand eines seiner Werke und sein Arbeitswerkzeug.

Trauergäste waren u. a. Bundespräsident Heinz Fischer, Bürgermeister Häupl, Unterrichtsministerin Dr. Claudia Schmied, Dagmark Koller, Witwe von Bürgermeister Helmut Zilk, welcher die Aufstellung des Mahnmales gegen Krieg und Faschismus auf der Albertina hinter der Oper durchsetzte.

Der deutsche Linken-Vorsitzende Oskar Lafontaine sagte in seiner Rede: «Sein Vermächtnis heißt: Nicht müde zu werden im Kampf um eine gerechtere, um eine freiere Gesellschaft.» Hrdlicka war überzeugtes Mitglied der Kommunistischen Partei Österreichs und bezeichnete sich selbst als «Paten der Linkspartei» in Deutschland, weil er Gregor Gysi und Oscar Lafontaine davon überzeugt habe, gemeinsam Politik zu machen.

Religiöse und politische Lieder umrahmten die von Dompfarrer Toni Faber geleitete Trauerfeier. Zum Auftakt erklang «Maria durch ein Dornwald ging» (youtube) , den Abschluss bildete die «Internationale» (youtube).

Sein Werkzeug wurde ihm mit ins Grab gegeben. Solch "moderne Grabbeigaben" sind durchaus nicht selten.

Der Schauspieler Fritz Muliar wurde mit jenem Kapperl begraben, welches er in der Rolle des Soldaten Schwejk trug, der Militärkomponist Wilhelm Jurek bekam seinen "Hit" (Deutschmeistermarsch: Wir sind vom k. u. k. Infantrieregiment ...youtube) in einer eisernen Kapsel verschlossen mit in seine letzte Ruhestätte und die Burgschauspielerin Charlotte Wolter, einst ein Star wie heute Madonna, ruht bis zu ihrer Auferstehung in ihrem Kostüm der Iphigenie, mit der sie große Triumphe feierte.

mehr Bilder vom Begräbnis auf flickr.com

Hrdlicka Leben und Werk

Hrdlicka begann seine berufliche Laufbahn mit einer Lehre als Zahntechniker. 1953 nominierte ihn Österreich für die Schach-Weltmeisterschaft (Studenten) in Brüssel.

Sein erstes künstlerisches Werk in Wien war eine Vogeltränke. Der Künstler nahm grundsätzlich keine Ehrungen und Orden an. Zitat des Künstlers: “Ich bin ein großer Künstler, aber in Wirklichkeit ein Egoist.“

Nach dem Tod seiner ersten Frau lebte er in Lebensgemeinschaft mit seiner Geliebten, die sich 1999 das Leben nahm. Dieses traumatische Erlebnis machte ihn einige Jahre arbeitsunfähig. Dann war er wieder verheiratet.

1987 wurde er wegen ungebührlichen Verhaltens aus dem Parlament geworfen (Debatte Dr. Waldheim).

Hrdlickas Angelina am Grab

 

Seine Werke wurden viel kritisiert. So auch Schwester Restituta im Stephansdom. Da ist von "Günstler" und von "Schandmal" zu lesen. Zu seiner Büste von Dr. Karl Renner, auf der Ringstrße neben dem Parlament aufgestellt, sagte man: " … ein schielender Idiotenschädel, der Kanzler im Vogelkäfig ...".

Der straßenwaschende Jude - Denkmal gegen Krieg und Faschismus
von Alfred Hrdlicka auf der Albertina

Für sein größtes Werk in Wien, das Mahnmal gegen Krieg und Faschismus, erhielt er umgerechnet einen Stundenlohn von € 3,60. Diese Skulpturengruppe soll ihm auch einige Zentimeter seiner Wirbelsäule gekostet haben. Er bezeichnete sich als Proletarier, weil Proletarier arbeiten. Und das hat er getan. Alles händisch, er lehnte moderne Hilfmittel wie Elektromeißel, etc. ab. :
Foto: Im Mai 2004 leerte ein Geisteskranker roten Lack über die Figur des straßenwaschenden Juden.

Lage: prominente Nachbarschaft

Zurück zum Zentralfriedhof: Auch wenn Hrdlicka kein Ehrengrab wollte, er liegt in prominenter Umgebung.

Ihm gegenüber ruht in einem Ehrengrab der Schriftsteller und Schauspieler Johann Nestroy, der panische Angst vor dem Lebendig-begraben werden hatte und in seinem Testament schrieb: "Die Todtenbeschau heißt so viel wie gar nichts, und die medizinische Wissenschaft ist leider noch in einem Stadium, daß die Doctoren – selbst wenn sie einen umgebracht haben – nicht einmal gewiß wissen, ob er todt ist."

Einige Gräber weiter liegt der erfolgreichste Jagdflieger des Ersten Weltkrieges, Godwin Brumowski, der den Krieg schadlos überlebte, und dann als Passagier mit einem Flugzeug tödlich verunglückte, und auch den Rechtsanwalt Megerle, angeblich ein unehelicher Sohn Napoleons, der ihm jedenfalls wie aus dem Gesicht geschnitten ist, kann man dort treffen.

Link:

Das Grabmal direkt neben Alfred Hrdlicka:
Der vergessene Generalissimo: Franz Philippovic von Philippsberg