Einer der prominentesten Wahlniederösterreicher
ist der bekannte Volksschauspieler Fritz Muliar, der
mehr als 40 Jahre in Groß-Enzersdorf gewohnt
hat.
Als uneheliches Kind in Wien geboren,
wuchs er als Sohn einer engagierten Sozialdemokratin
und eines russisch-jüdischen Stiefvaters, des
Juweliers Mischa Muliar, in Wien-Neubau auf. Zu
seinem leiblichen Vater, einem Tiroler k.u.k. Offizier
und späteren Nationalsozialisten, bestand kein
Kontakt.
Fritz Muliar erhielt seine Schauspielausbildung am Konservatorium der
Stadt Wien. Mit 18 Jahren bekam er sein erstes Engagement an Stella
Kadmons legendärer Kleinkunstbühne "Der liebe Augustin" (1937)
und erlernte sein Handwerk auf zahllosen weiteren Kabarettbühnen.
1938 floh sein jüdischer Stiefvater
vor den Nazis in die USA, 1940 wurde Fritz Muliar zur
Wehrmacht eingezogen und verhalf in Frankreich Juden
zur Flucht. Wegen "Wehrkraftzersetzung"und "Beleidigung
des Führers" musste Muliar sieben Monate in Einzelhaft
verbringen und wurde zum Tode verurteilt. Nach
Umwandlung dieses Urteils in eine fünfjährige
Haftstrafe, wurde er als Strafsoldat nach Russland
geschickt. Das Kriegsende erlebte er in britischer
Kriegsgefangenschaft.
Aus der Gefangenschaft zurückgekehrt,
begann seine Karriere, die ihn an das Volkstheater,
1974 an das Burgtheater und dann an das Theater in
der Josefstadt führte. Beide Bühnen machten
ihn zum Ehrenmitglied (1995 Burgtheater, 1996 Josefstadt).
Muliar war regelmäßig bei den Salzburger
Festspielen zu Gast und spielte von 1952 bis 1965 im
Wiener Kabarett "Simpl". Er verfasste zahlreiche
Bücher und wirkte in mehr als 100 Film- und Fernsehproduktionen
mit. Besonders populär wurde er mit der Darstellung
des braven Soldaten Schwejk in der gleichnamigen Fernsehserie
aus dem Jahre 1972.
Fritz Muliar wurde im wahrsten Sinne
des Wortes zum Volksschauspieler, der sich als Sachwalter
der "kleinen" Leute verstand und auch so verstanden
wurde. Er gilt als Widerständiger, der auch die öffentliche
Auseinandersetzung nicht scheute, wie mit Burgtheaterdirektor
Claus Peymann. Im Alter von 83 nahm er mit den 2002/2003 in
den Wiener Kammerspielen aufgeführten Einaktern -
Nestroys "Frühere Verhältnisse" und Schnitzlers "Abschiedssouper" aus
dem "Anatol" - Abschied von seinem Publikum.
Der Kammerschauspieler und Professor
ist Träger zahlreicher Auszeichnungen. 1978 erhielt
er die Kainz-Medaille, 1984 den Nestroy-Ring, 2002
das Große Goldene Ehrenzeichen für Verdienste
um das Bundesland Niederösterreich sowie das Große
Silberne Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik.
Durch seine Ansiedlung in Groß-Enzersdorf
wurde Fritz Muliar zum Niederösterreicher. Schon
in den 1950er Jahren erwarb er eine Parzelle am Donau-Oder-Kanal.
Diese zwei länglichen Seen sind die in die Landschaft
gegrabene Erinnerung an das einstige Großprojekt,
Donau und Oder durch einen Kanal zu verbinden, das
nie über das Anfangsstadium hinauskam. Was blieb,
wurde zu einem Badeparadies für die Wiener.
Die Grundstücke links und rechts
der Badeseen wurden parzelliert, Muliar gehörte
zu den ersten 50 Parzelleninhabern. Mit dem Bau einer
Badehütte erfüllte er sich den Traum nach
einem eigenen Stück Wiese. Um sein nur wenige
Quadratmeter großes "Paradies" zu erreichen,
fuhr er zunächst mit der Straßenbahnlinie
26, erst später mit dem Auto. Nur einige Parzellen
weiter baute Kurt Sowinetz.
In den 1960er Jahren erlebte Groß-Enzersdorf
durch die Ansiedlung von Unilever ("Iglo") einen Aufschwung
und war an der Ansiedlung Prominenter interessiert.
Muliar baute in Groß-Enzersdorf ein Haus, die
alte Badehütte behielt er aber weiterhin. Inzwischen
wurde er nicht nur Groß-Enzersdorfer Ehrenbürger,
sondern mit der Fritz-Muliar-Gasse auch "Teil" des
Stadtbildes.
Fritz Muliar war in zweiter Ehe mit der
früheren Fernsehsprecherin Franziska Kalmar verheiratet
und Vater dreier Söhne, von denen er einen durch
Krebs verlor. Der beliebte Schauspieler stand bis
zu seinem Tod auf der Bühne. Er starb überraschend
im Mai 2009 in Wien, nachdem er wenige Stunden
zuvor noch im Theater in der Josefstadt aufgetreten
war. |