Roda Roda in Anekdoten
Sandor Friedrich Rosenfeld, besser bekannt unter seinem Schriftstellernamen Roda Roda - ohne Bindestrich, wohlgemerkt! - , war ursprünglich Offizier im österreichischen Heer. Bei einem Manöver ärgerte ihn ein junger Leutnant, Adjutant seines hochgeborenen Vaters, der alle Befehle im hochmütig-näselnden Familientonfall überbrachte. "Ich bitt Sie, Hauptmann Rosenfeld, der Papa sagt, sie solln auf die Kote 741 vorrücken!" "So, sagt das der Papa?" platzte Roda Roda endlich der Kragen. "Und was sagt die Frau Mama?" ▲
Die nervösen Anfälle seiner Tante brachten Roda Roda in eine unangenehme Situation. Sie besuchte ihn, er lebte damals in Graz, auf seiner Junggesellenbude - und bekam ihren nervösen Anfall. Roda Roda räumte ihr sofort sein Schlafzimmer ein, verdunkelte es und bat Tantchen, ein wenig zu ruhen. Er würde unterdessen arbeiten, seine Maschinschreiberin komme um zehn Uhr. Um zehn Uhr kam die Maschinschreiberin, huschte auf leisen Zehen direkt in das verdunkelte Zimmer und drückte einen Kuss auf Tantchens Mund ...
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Eine Treppe unter Roda Roda wohnte ein Herr Robert Roder. Da geschah es denn manchmal, dass der Briefträger die Adresse flüchtig las und die fremde Post unten abgab. Herr Roder öffnete die Briefe und schickte sie mit einem Entschuldigungszettel hinauf: Er habe in der Eile den Umschlag aufgerissen, da er aber schon aus den ersten Zeilen ersehen habe, dass der Brief nicht ihm gehöre, erlaube er sich ...und so weiter und so fort.
Endlich wurde es Roda Roda zu dumm. Er bat einen Freund, ihm einen Brief mit folgenden Anfangsworten zu schreiben: Sie gemeinschädliches Gesinnungskrokodil, Büffelkönig beider Welten und Vorsitzender des Reichsverbandes der Idiotenvereine ... etcetera. Diesen Brief schickte der Humorist geöffnet an Herrn Roder mit einer Karte: "Verehrter Herr! Ich habe das beifolgende Schreiben im Versehen angenommen. Da aber schon aus den ersten Zeilen hervorgeht, dass es für Sie bestimmt ist ..." Seither achtete Herr Roder scharf auf die Adresse.
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Roda Roda wurde einer Mäzenatin vorgestellt. Sie war sehr erfreut und sagte: "Seit Jahren sehne ich mich danach, Sie kennen zu lernen. So oft ich eines Ihrer wunderbaren Bücher lese, frage ich meine Freunde: Warum bringt Ihr den Mann nicht einmal zu mir? Einen so glänzenden Kopf! - Wie ist übrigens der werte Name?"
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Die große Nataly von Eschstruth hatte Roda Roda ihren neuesten Roman geschenkt, mit eigenhändiger Widmung. Sofort lief er zum Antiquar, um das Buch zu verkaufen. Der bot ein paar Pfennig. "Erlauben Sie? Einen ganz neuen Prachtband mit Widmung?" "Ja", sagte der Antiquar, "ohne Widmung hätte ich ihn für zwei Mark gekauft."
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Roda Roda sollte eine Lesung in Berlin Spandau halten. Um acht, als er anfangen sollte, war noch kein Mensch im Saal. "Na, ein paar Minuten kann man ja warten", sagte er sich. Plötzlich strömte Publikum herbei, gleich zwei Damen auf einmal. Die erste lispelte: "Pardon, bin ich hier recht bei Auguste Rodin?" Und die zweite rief: "Nanu, een Heer? Ick dachte doch, Roda Roda - det sin so zwee Zusammjewachsene."
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Eine österreichische Nationaleigenschaft war und ist bekanntlich die Titelsucht. Per Euer Gnaden reden die Fiaker ihre Kundschaft an, mit Herr Doktor die Ober die ihre im Cafe; jede Wäschereibesitzerin ist zumindest eine Frau Kommerzialrat, jeder Wachmann ein Herr Inspektor. Und jemand, der nichts als den Namen Surm zu bieten hatte, hieß, wie man von Nestroy weiß, in der Umgangssprache Herr von Surm.
In Karlsbad heftete sich ein junger Mann auf die Fersen des zur Kur weilenden populären Schriftstellers und redete ihn immerfort mit dem in Künstlerkreisen gern gebrauchten Titel Meister an. Endlich wurde es dem Verfolgten zu bunt: "Herr, machen Sie mich nicht rasend mit Ihrer abgeschmackten Formel!" Darauf der junge Mann: "Wenn einer nicht Baron ist, nicht Leutnant und nicht Doktor - sagen Sie selbst, Meister, wie soll man einen solchen Trottel anreden?" ▲
Der Meister bestieg ein Eisenbahnabteil, in dem eine Dame mit ihrem kleinen Kind saß. Da sie gern allein geblieben wäre, sagte sie: "Darf ich Sie darauf aufmerksam machen, dass mein Kind Scharlach hat!" "Ach, das macht nichts", erwiderte Roda Roda, "ich begehe sowieso im ersten Tunnel Selbstmord."
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Auf einer Reise durch Galizien kam Roda Roda in ein Hotel, wollte sich zu Bett begeben und fand auf dem Leintuch eine Wanze. Er ließ den Nachtportier kommen. Der entfernte das Ungeziefer und meinte beruhigend: "Es kann Ihnen gar nichts passieren, Herr. Die Wanze ist tot, und damit ist die Angelegenheit erledigt." Am nächsten Morgen erschien Roda Roda zum Frühstück und erwischte den Portier gerade noch, bevor er seinen Dienst beendete. "Sie haben recht gehabt", sagte er, "die Wanze war wirklich tot. Aber Sie hätten sehen müssen, welche Massen von Verwandten sich zur Beerdigung eingefunden haben!"
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Mit einem Freund saß Roda Roda in einer Erstaufführung. Die gute Stimmung wich der Enttäuschung, die Enttäuschung wich der Langeweile. Nach dem zweiten Akt sagt Roda Roda: "Kommen Sie, es wird Zeit, dass wir gehen. Wenn wir bis zum Schluss warten, kommen unsere Mäntel womöglich in die Konkursmasse!"
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Gemeinsam mit seinem Coautor Carl Rössler schrieb Roda Roda das Lustspiel Der Feldherrnhügel, das oft und oft aufgeführt wurde. Plötzlich, im Jänner 1910, wurde es verboten. Ortskundige rieten dem Autorengespann, sich zu beschweren. Sie gingen auf die Statthalterei, ein Regierungsrat empfing sie: "Beschwerde? Schön. Aber das sag ich Ihnen: Ihr Stück wird nicht aufgeführt werden, so lang Österreich steht." "Gut", sagte Rössler, "dann warten wir halt noch die paar Wochen."
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Rössler spielte leidenschaftlich gern Karten. Eines Nachts im November wurde Roda Roda durch einen Boy aus dem Schlaf gerissen. Der Boy brachte einen Brief, darin schrieb Rössler: "Lieber Roda, schick mir sofort fünfhundert Mark, zu Neujahr hast du sie wieder." Zu Neujahr war kein Rössler zu sehen. Der März stieg auf, der Juni sank hernieder, der September war im Land - nichts. Im November, wieder des Nachts, kam ein Boy mit einem Brief von Rössler. Darin stand: "Lieber Roda, hier hast Du Deine fünfhundert Mark. Ich weiß, ich hätte sie zu Neujahr zurückzahlen sollen, aber ich wollte keinen Präzedenzfall schaffen."
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Im Ersten Weltkrieg arbeitete Roda Roda als Frontberichterstatter. Bei der Durchgabe seiner Berichte war er trickreich wie kein anderer. Um von einer entscheidenden Schlacht exklusiv berichten zu können, kabelte er stunden-lang den Text von Schillers Lied von der Glocke an seine Wiener Redaktion. Als dann der Ausgang des Gefechts feststand, verfügte er als einziger Reporter über eine freie Telegrafenleitung.
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Als ein österreichischer Bauer hingerichtet wurde, weil er dem Feind durch Morsezeichen militärische Geheimnisse verraten habe, deckte Roda Roda auf, dass der angebliche Spion Analphabet war. Daraufhin zog die Heeresleitung ihn von der Front ab.
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Roda Roda erklärt den Unterschied zwischen Italien und Österreich. "Über Italien lacht der azurblaue Himmel. Und über Österreich lacht die ganze Welt."
(zitiert, Quelle: Typisch Österreich, Literatur in Anekdoten, Johannes Twaroch, Amalthea Verlag, 2003) |