"Ich war so einsam wie nie zuvor"
Wie kein anderer litt Adolf Schärf unter der Einsamkeit in der Hofburg, die er in seinen Tagebüchern so beschrieb: "Das neue Amt hat mich aus dem Kreis der Freunde von einst, aus dem intimen Verhältnis zu ihnen, heraus- oder hinaufgehoben. Ich bin so einsam wie nie zuvor."
Schärf war verärgert darüber, nicht mehr Privatmann sein zu können und notierte 1962: »Bei einer Fahrt in die Bundesländer kann ich nicht mehr wie früher nach Herzenslust Halt machen, wo es mir gefällt oder wo ich Sehenswertes vermute« - zu sehr sei der Bundespräsident ein Gefangener des strengen Protokolls. Adolf Schärf, dessen Frau ein Jahr vor seiner Wahl zum Bundespräsidenten verstorben war, weigerte sich, in eine Dienstvilla zu ziehen und verblieb stattdessen in seiner alten Mietwohnung in der Skodagasse. In seinem Tagebuch begegnet man einem leicht verwundbaren Menschen, der es früher »gewöhnt war, inmitten des politischen Lebens zu stehen und dort zu handeln«, der jetzt aber »keine das Leben ausfüllenden Beschäftigungen« mehr fand. Und immer wieder das Wort »Einsamkeit, Einsamkeit«.
Als Schah Reza Pahlevi von Persien Ende Februar 1965 in Wien erwartet wurde, bestand der Bundespräsident trotz einer schweren Verkühlung darauf, ihn persönlich vom Flughafen Schwechat abzuholen. Als Folge der übergangenen Grippe trat eine dramatische Verschlechterung eines bestehenden Leberschadens auf. Der Schah rief täglich von seinem Skiurlaub in Gastein in der Wiener Privatklinik an, weil er Schärf besuchen wollte. Doch dieser war bereits zu schwach. Er starb am 1. März im 75. Lebensjahr. (Quelle: Markus) |