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Ehrengräber | Opfer 1911
Ehrengräber Ottakringer
Friedhof
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Otto Brötzenberger
Eisendrehergehilfe,
1891 - 1911
Franz Joachimsthaler
Werkzeugschlosser, 1892 - 1911
Franz Wögerbauer
Geschäftsdiener, 1865 - 1911 Friedhof Ottakring, Gruppe
13, Reihe 1, Nr. 1 |
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17. September 1911 |
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1905 Streik der
Tischler
Am 2. Jänner 1905 traten die Wiener
Tischlergehilfen in den Streik für den 9-Stundentag.
Ottakring war das Zentrum dieses Streiks, der fünfzehn
Wochen lang dauerte. Die Tischlergehilfen konnten so lange
durchhalten, weil sie aus ganz Österreich und sogar
aus Deutschland insgesamt 350.000 Kronen an Unterstützung
erhielten.
In den folgenden Jahren verschlechterte sich die wirtschaftliche
Lage, die Arbeitslosigkeit nahm zu. Das erschwerte die
Aktionen der Arbeiter, weil es leichter wurde, unter den
vielen Arbeitslosen, die keine Unterstützung erhielten,
Streikbrecher zu finden. Erst ab 1910 besserte sich die
Beschäftigungslage wieder, doch verstärkte sich
zugleich die Teuerung, vor allem bei Lebensmitteln. |
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Nach vielen kleinen Aktionen gegen die
Teuerung kam es am Sonntag, den 17. September 1911 zu einer
Demonstration auf dem Rathausplatz, zu der die Sozialdemokraten
aufgerufen hatten. Im Polizeibericht ist von 36.000 Teilnehmern
die Rede. Es war ein strahlend schöner Herbsttag.
Von verschiedenen Tribünen sprachen Gewerkschaftsfunktionäre,
Delegierte aus Italien und der Tschechoslowakei sowie sozialdemokratische
Führer, unter ihnen die populären Ottakringer
Franz Schuhmeier (Ehrengrab) und Albert
Sever (Ehrengrab). |
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Ein großes Aufgebot an Polizei und Militär,
darunter viele Berittene und ungarische Infanterie, waren
aufgeboten. Die Kundgebung verlief in völliger Ordnung,
aber als gegen 13 Uhr die einzelnen Bezirkszüge abzumarschieren
begannen, wurde die Polizei plötzlich nervös und
drängte auf rasche Räumung des Platzes, zugleich
wurden die Straßen in den 1. Bezirk gesperrt.
Der Großteil
der Demonstranten zog in Richtung zur Bellaria ab. Plötzlich
fiel vor dem jetzigen Gebäude des Stadtschulrates, in
dem damals der Verwaltungsgerichtshof saß, ein Schuss.
Es konnte nie geklärt werden, wer ihn abgegeben hatte.
Die Menge glaubte, dass aus dem Haus geschossen wurde, einige
Fensterscheiben wurden eingeschlagen, auch gegen die Rathausfenster
flogen Steine.
Nun ging die Polizei scharf vor, es gab die
ersten Verletzten. Die Menge wurde in die Burggasse und
in die Lerchenfelder Straße gedrängt, dann weiter
in die Thaliastraße. Dort wurde eine Barrikade gegen
die Polizei errichtet. Das weitere Geschehen schilderte Albert
Sever in der "Arbeiter-Zeitung" vom 13. September 1931: "Die
Gablenzgasse herauf werden die Genossen verfolgt, die Umgebung
des Arbeiterheims war voll vom Militär. |
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Zur Verstärkung wurde aus der Radetzkykaserne eine
Kompanie des polnischen Militärregiments Nr. 24 herangezogen.
Der erste Verletzte, der ins Arbeiterheim gebracht wurde,
war der Genosse Afra mit einem Lungendurchschuss.
Tod Brötzenberger durch Herzstich
Eben
als die Kompanie des Infanterieregiments Nr. 24 gegen das
Arbeiterheim heranrückte, ging der Genosse Otto Brötzenberger über
den unverbauten Platz gegenüber dem Arbeiterheim.
Er wurde von den Soldaten erreicht, ein Bajonettstich brachte
ihn zum Wanken. Er sank in die Knie, raffte sich aber dann
noch auf und lief in das Kaffeehaus des Arbeiterheims.
Hier stürzte er am Kassiertisch zusammen. In wenigen
Minuten war er tot. |
Albert Sever |
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Tod Joachimsthaler durch Bauchschuss |
Es galt nun, um die Menge nicht weiter aufzureizen,
den Tod Brötzenbergers zu verschweigen. Die Rettungsgesellschaft
wurde angerufen, und entgegen ihren Vorschriften nahm sie
den toten Brötzenberger mit ins Stephaniespital. Niemand
wurde gesagt, dass er schon tot ist, sonst wären die
Arbeiter wohl kaum zu halten gewesen.
Der nächste Blutzeuge war der Genosse Franz Joachimsthaler,
der einen Bauchschuss erhielt und gleichfalls ins Stephaniespital
gebracht wurde. Drei Tage später ist er gestorben.
(1928 wurde der
Platz beim Wilhelminenspital nach dem Schlossergehilfen Franz
Joachimsthaler benannt.) |
Tod Wögerbauer durch Säbelhieb
Ganz unbeteiligt kam Franz Wögerbauer zu einem Säbelhieb.
Er kam aus dem Gasthof Lederer in der Herbststraße,
als eine Kavalleriepatrouille über die Straße
sprengte und einer der Reiter, die blind um sich schlugen,
ihm mit einem Hieb den Kopf spaltete. Nach furchtbaren Qualen
ist er acht Tage später gestorben.
Dann wurde es Abend,
das Arbeiterheim war von Militär, hauptsächlich
Bosniaken, von der Außenwelt vollkommen abgesperrt.
Die Straßen lagen im Dunkel, weil fast alle Gaslaternen
zerschlagen worden waren. Da und dort war das Gas angezündet,
so dass die offenen blauen Gasflammen die Nacht durchleuchteten.
Noch in der Nacht wurde eine Sitzung der Parteileitung
abgehalten. In der Früh des Montag mussten wir in
die größeren
Betriebe, um die Vertrauensmänner zu beschwören,
dass sie die Arbeiter in den Betrieben halten, damit nicht
noch größeres Unglück geschehe. Es waren
furchtbare Stunden und Tage, die wir damals durchlebten." |
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Arbeiterheim Ottakring |
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Außer den drei Toten gab es mehr als neunzig Verletzte.
Mehr als 200 Personen wurden verhaftet und zu insgesamt
120 Jahren schweren Kerkers verurteilt.
Der Kaiser und
die Demonstration
Wegen der Demonstrationen weigerten sich
die Schauspieler des Hofburgtheaters zu spielen. Der
Obersthofmeister Fürst
Montenuovo fuhr deshalb zum Kaiser nach Schönbrunn.
Der Monarch ordnete an, dass unter allen Umständen gespielt
werden soll und dass mit allen Mitteln getrachtet werden
muss, die Theaterbesucher gegen etwaige Angriffe zu schützen
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Quellen: Ottakring, Vom Brunnenmarkt zum Liebhartstal; Klusaceck;
Mohl Verlag 1983
Prager
Tagblatt 18. Sept. 1911 (Anno)
Die neue Zeitung, 18.Sept. 1911 (Anno)
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Gräber
Gesamtliste Wien
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