Home | Ringstraße | NHM - Architektur
Naturhistorisches Museum - die Baugeschichte
Architekten, Eingangshalle, Stiegenhaus, Kaiserbild, Obere Kuppelhalle
Baugeschichte
|
Naturhistorisches Museum Wien |
|
Das Naturhistorische und das Kunsthistorische Museum stehen einander wie Zwillinge gegenüber. Dieses symmetrische vis-á-vis der beiden Museen an der Ringstraße verdeutlicht die völlige Gleichgewichtung von Natur und Kunst.
Man begann 1871 mit den Erdaushebungen für das NHM. Zehn Jahre später war das Äußere weitgehend fertig gestellt - rund 16 Millionen Ziegel wurden für den Bau verwendet. Dann konnte die aufwendige Innenausstattung in Angriff genommen werden, die 1889 abgeschlossen war. |
Kaiser Franz Joseph eröffnete
1889 das Museum |
|
|
Allegorie (Europa) neben
dem Haupteingang |
|
Kaum irgendein Gebäude wird dem Gedanken eines "sprechenden Gesamtkunstwerkes" wohl mehr gerecht als die beiden Museen.
Hofarchitekt Gottfried Semper, der 1803 in Hamburg geboren wurde, befasste sich von Anfang an sehr eingehend mit dem Figurenschmuck der Museen.
Da er sich selbst einige Zeit dem Studium der Naturwissenschaften gewidmet hatte, verfügte er auch über das notwendige Wissen, um ein Fassaden- und Innenprogramm zu entwerfen, das speziell auf die naturwissenschaftlichen Sammlungen abgestimmt war. |
Hofarchitekt Gottfried Semper plante die "Hülle" |
|
Maria Theresien Denkmal vor KHM, Sockel von Karl Hasenauer |
Die Ausführung der Innenausstattung des NHM lag weitgehend in den Händen des Hofarchitekten Karl Ritter von Hasenauer, der hier seine Dekorationsliebe voll entfalten konnte. Aufgrund seiner Prunkliebe wurde er von den Wienern auch als "Makart der Baukunst" bezeichnet.
Von ihm stammt auch der Sockel des Maria Theresien Denkmals, welches zwischen den beiden Museen aufgestellt ist. Hasenauer, ein Schüler von Van der Nüll (Architekt der Oper), und Chefarchitekt der Weltausstellung in Wien 1873 arbeitete bei einigen Wiener Bauten mit Semper zusammen (Hofburg, Burgtheater, KHM). |
|
|
Groteskenmalerei Plafon |
|
Wären Hasenauers ursprüngliche Pläne verwirklicht worden, so läge die Kuppel des NHM heute direkt über dem Stiegenhaus und nicht über der Eingangshalle. Er wollte, dass dem Besucher bei seinem Weg nach oben der Blick in die Kuppel offen steht.
Semper dagegen hatte bei seinen Plänen stets das Gesamtkonzept des Kaiserforums im Auge. Ihm war es daher sehr wichtig, die beiden Museen optisch stärker aufeinander zu beziehen. Aus diesem Grund versetzte er die Kuppel nach vorne über die Eingangshalle.
|
Semper setzt Kuppel über
die Eingangshalle |
|
|
Hasenauers Pläne waren damit zunichte.
Nach langem Streit wurde schließlich eine Kompromisslösung gefunden: Um den Blick in die Kuppel doch noch zu gewährleisten, wurde in der Decke der Eingangshalle eine kreisrunde Öffnung freigelassen. Dieser Kuppel-Durchblick ist heute eines der "Markenzeichen" beider Museen.
Bei der aufgebrochenen Kuppel handelt es sich um eine sogenannte Agraffenkonstruktion, für damalige Verhältnisse eine sehr moderne tragende Eisenkonstruktion. Kreisförmig angeordnete Eisenträger und Spangen halten die Hohlziegel des Gewölbes. Die vorgeblendeten Pilaster sind reine Dekoration und haben keinerlei konstruktive Funktion.
|
Blick hinauf in die Obere Kuppelhalle |
|
Semper verurteilte die zu seiner Zeit in Mode kommende Ingenieursbaukunst, die ihre konstruktiven Elemente offen zur Schau stellte (z.B. Palmenhaus in Schönbrunn). Den damals aufkommenden Stahl lehnte Semper als sichtbaren Baustoff ab.
Im Zentrum der aufgebrochenen Kuppel hängt heute das Modell des Forschungsschiffes von Prof. Dr. Hans Hass, die "Xaifa".
Seine Unterwasseraufnahmen begründeten den heute weltweiten Tauchsport. Durch Zusammenarbeit mit dem Konrad Lorenz-Schüler Eibl-Eibesfeldt führten die Forschungen zur modernen Verhaltensforschung am Menschen (Humanethnologie). |
|
|
Obere Kuppelhalle, Schiff "Xaifa"
von Hans Hass |
▲
Eingangshalle
(Untere Kuppelhalle)
|
Portraits rund um die Kuppelöffnung |
Rund um die kreisförmige Deckenöffnung des Vestibüls befinden sich Portraits von bedeutenden Persönlichkeiten der Sammlungsgeschichte: Baillou, Hochstetter, Andreas Stütz, Carl Schreibers, Paul Partsch, Vinzenz Kollar, Eduard Fenzl, Johann Natterer. |
|
Wenn man in das Museum durch die riesigen Tore tritt, den Windfang durchschreitet, dann gelangt man in eine von der Welt des Alltags abgehobene, andere Sphäre. Die gesamte Architektur zielt darauf ab, einen sakralen, tempelartigen Eindruck zu vermitteln (Museum = der Tempel der Musen).
Zur Ausstattung des Inneren wurden erlesenste Materialien eingesetzt. Die reiche Ornamentik der Kuppelhalle besteht aus weißem Carrara-Marmor und schwarzem Kalk aus Belgien. Pfeiler und Wände sind aus aufwendig hergestelltem Kunstmarmor. So wie im gegenüberliegenden Pendant, dem KHM, sind auch hier Lederbänke aufgestellt, die zum Ausruhen einladen. |
Eingangshalle |
|
|
Ferdinand von Hochstetter,
erster Direktor des neuen Museums am Ring
Ferdinand von Hochstetter (1829-1884) war einer der letzten Universalgelehrten. 1857-59 nahm er an der österreichischen Weltumseglung der Fregatte Novara teil und erforschte im Auftrag der Regierung die Nord- und Südinseln Neuseeland. Er entwarf die erste geologische Karte Neuseelands.
Als er 1876 vom Kaiser zum ersten Direktor des neuen Museums am Ring ernannt wurde, führte er nicht nur die Neuorganisation der Sammlung durch, er nahm auch auf die Aufstellung der Sammlung und ihre Präsentation im Inneren des Museums wesentlichen Einfluss. Sein Urteil spielte auch bei der Auswahl des Gemälde- und Skulpturenschmuckes eine bedeutende Rolle. |
Hochstetter |
Sein hohes Ansehen als Wissenschafter trug Hochstetter die ehrenvolle Aufgabe ein, Kronprinz Rudolf in naturwissenschaftlichen Fächern zu unterrichten. Der Kronprinz wurde ein leidenschaftlicher Naturforscher und blieb dem Museum Zeit seines Lebens sehr verbunden.
Aus diesem Grund gelangten wahrscheinlich auch die Möbel aus Rudolfs Arbeitszimmer nach seinem Ableben ins NHM. Sie stehen noch heute in einem Kustodenzimmer der Anthropologischen Abteilung). Vor allem die Vogelkunde betrieb Rudolf mit großem Ehrgeiz. |
|
|
Kronprinz Rudolf,
der Vogelkundler |
|
Hochstetter ist es zu verdanken, dass Rudolf den berühmten Tierforscher Alfred Brehm kennen lernte, mit dem ihn ab diesem Zeitpunkt eine innige Freundschaft verband.
Brehm erkannte die ornithologischen Fähigkeiten des damals erst 19-jährigen Kronprinzen und er nahm sogar in die zweite Auflage seines "Illustrierten Thierlebens" drei Vogelbeobachtungen auf. |
Brehm's
Tierleben |
|
Johann Natterer wurde 1787 als Sohn des letzten kaiserlichen Falkners in Laxenburg geboren. Er war Sammler von Tierpräparaten, die, von Franz I. angekauft, den Grundstock der Wirbeltiersammlung des heutigen Museums bilden. Der Naturforscher studierte an der Universität für Botanik, Zoologie, Mineralogie, Chemie und Anatomie und wurde Assistent am Naturalienkabinett. Natterer war ein genauer, systematischer Sammler mit hohem Wissensstand (Dokumentationen, Neuentdeckungen).
1809 begleitete er die Transporte von Sammlungsgegenständen, die zum Schutz vor den Franzosen nach Temesvár gebracht wurden. 1815 war er für die Rückführung österreichischer Besitztümer verantwortlich, die Napoleon als Beute verschleppt hatte. |
|
|
Johann Natterer,
Naturforscher |
|
Erzherzogin Leopoldine, die zweitälteste Tochter von Kaiser Franz II./I. heiratete 1817 den portugiesischen Kronprinzen Dom Pedro. Nach dreimonatiger Reise traf Leopoldine 1817 in Rio de Janeiro ein, dem triumphalen Einzug folgten bittere Ehejahre. Natterer, der sie auf der Reise begleitet hatte, kehrte 1821 nach Wien zurück, wo für seine Sammlungsgegenstände im Harrachschen Haus das Museum Brasilianum eingerichtet wurde (1. Bezirk, Johannesgasse 7).
1822 verkündete Dom Pedro die Unabhängigkeit Brasiliens von Portugal und mit großem Pomp wurde er zum Kaiser Pedro I. von Brasilien gekrönt. Das dunkle Grün des Hauses Braganca und das Gelb des Hauses Habsburg-Lothringen wurde zum neuen nationalem Farbsymbol des brasilianischen Kaiserreiches. |
Erzherzogin Leopoldin
heiratet nach Brasilien |
|
Natterer unternahm bis 1836 insgesamt 9 Forschungsreisen nach Brasilien, sammelte rund 50 000 konservierte Tiere, die er dem zoologischen Kabinett übergab und hielt viele in Skizzen und Daten fest. Ethnologische Exponate kamen ins heutige Völkerkundemuseum. Durch ihn bekam Wien die reichste Kollektion südamerikanischer Flora, Fauna und Ethnologie. Ab 1836 sorgte er für eine Reorganisation des kaiserlichen Naturalienkabinetts.
Während der Revolution im Oktober 1848 verbrannten in der Hofbibliothek die dort gelagerten Reisetagebücher und zahlreiche seiner Manuskripte. Das musste er Gott sei Dank nicht mehr miterleben. Er starb 1843 in Wien und liegt heute auf dem Zentralfriedhof. |
|
|
Expedition nach Südamerika |
▲
Das Stiegenhaus
|
Stiegenhaus |
Über die Prunktreppe aus Carraramarmor erreicht man den Halbstock des Treppenhauses. Die Prunkstiege wurde aus 6 Meter langen Monolithen aus Carraramarmor gefertigt. Im Treppenabsatz hängt das monumentale Kaiserbild. In der Ebene darüber stehen Statuen von bedeutenden Naturwissenschaftern und als Höhepunkt erblickt man das Deckenfresko von Hans Canon mit dem Titel "Kreislauf des Lebens". |
▲
Das Kaiserbild
|
Kaiserbild am Treppenabsatz |
|
Dieses Ölgemälde wurde 1773 im Auftrag Kaiserin Maria Theresias angefertigt. Franz Messmer war einer der besten Portraitmaler seiner Zeit. Von ihm stammen nur die Köpfe, den Rest schuf Jakob Kohl. Das Bild zeigt Franz Stephan, im Kreise seiner Gelehrten inmitten der Sammlungen.
Obwohl erst 8 Jahre nach dem Tod des Kaisers entstanden, gilt es als das beste Bildnis Franz Stephans und wurde deshalb für den Kaisersaal in Frankfurt kopiert. Als man das Bild 1992 restaurierte, entdeckte man, dass hinter dem Kaiser noch eine andere Person gestanden war - wahrscheinlich handelte es um den Jesuitenpater und Physikprofessor Joseph Franz.
1773 war auch das Jahr der Auflösung des Jesuitenordens in Österreich. Dies könnte eventuell der Grund für die Übermalung gewesen sein.
|
Kaiser Franz Stephan,
Gatte Maria Theresias |
|
Der Mediziner und große Reformer Gerhard Freiherr van Swieten (1700-1772) ist sehr bekannt als Leibarzt Maria Theresias und als Begründer der "1. Wiener Medizinischen Schule". Für seine hervorragenden Leistungen wurde er 1758 in den Adelsstand erhoben. Gestorben ist er in Schönbrunn, begraben in der Augustinerkirche (Georgskapelle).
Das Buch in seinen Händen weist ihn hier als Direktor der Hofbibliothek aus, und auch dort setzte er seine Reformen durch: Er ließ einen öffentlichen Lesesaal einrichteten. In seiner Funktion als Leiter der Zensurbehörde war es ihm möglich, die Zensurbestimmungen zu lockern. Dies war Voraussetzung dafür, dass es sein Sohn und Nachfolger Gottfried die Bestände der Bibliothek v.a. durch ausländische wissenschaftliche Bestände vergrößern konnte. |
|
|
Gerhard Freiherr Van Swieten,
Direktor der Hofbibliothek |
|
Johann Ritter von Baillou gilt als der "Vater" des NHM. Er wurde 1684 in Frankreich geboren, studierte Mathematik und Naturwissenschaften und kam 1718 an den Hof des Herzogs Francesco Farnese nach Parma. Dort bekleidete er die Stellung eines Hofarchitekten, wurde dann Generalkommissär, später Oberstleutnant der Artillerie. Daher ist er auch hier auf dem Kaiserbild in der Artilleriestabsuniform abgebildet (er steht neben Van Swieten).
Kaiser Franz Stephan, der auch Großherzog der Toskana war, dürfte dessen großartige Naturaliensammlung in Italien kennen gelernt haben und er hat sie ihm kurzerhand abgekauft. Damit war der Grundstock für das NHM gebildet (Geschichte der Sammlung). |
Ritter von Baillou,
erster Direktor des Naturalienkabinetts |
|
Doch so leicht dürfte sich Baillou auch nicht von seiner Sammlung getrennt haben, denn er folgte Franz Stephan nach Wien, der ihn dann zum ersten Direktor des Hof-Naturalien-Cabinets (30 000 Objekte) ernannte. Franz Stephan verpflichtete sich vertraglich, dass diese Stelle immer auf den ältesten Sohn der Familie übergehen sollte. Tatsächlich folgte sein Sohn Ludwig Balthasar Baillou nach, der 1731 in Florenz geboren wurde.
Johann Ritter von Baillou starb 1758 in der Habsburgergasse 7. |
|
Hinter dem Tisch steht der Lothringer Valentin Jamerai Duval, der Kustos des kaiserlichen Münzkabinetts.
Man sagt, dass Kaiser Franz Stephan und sein Bruder Carl während einer Jagd den Hirtenknaben Duval kennen gelernt haben. Die beiden waren von der Gelehrsamkeit des Knaben so überrascht, dass sie beschlossen, seine weitere Ausbildung zu finanzieren.
Im Lauf der Jahrhunderte wuchs die kaiserliche Münzsammlung auf etwa 500 000 Objekte an und gehört nun zu den größten und bedeutendsten Münzkabinetten der Welt. |
Valentin Duval, Direktor des Münzkabinetts |
|
Der im geistlichen Gewand abgebildete Abbé Marcy wurde 1701 in Verdun geboren und starb 1791 in Löwen. Sein vollständiger Namen war Marcy Jean Francois (ursprünglich Jean Bosquet). Er wurde als Geistlicher um 1728 Erzieher im Haus des Alois Thomas Raimund Graf Harrach (Vizekönig von Neapel) und reiste 1740 mit dessen Sohn nach Leiden.
1744 kam Marcy nach Wien und bekleidete die Stelle eines Hofmathematikers. Ab 1748 war er Direktor des von Franz Stephan eingerichteten Physikalisch - Mathematisch - Astronomischen Kabinetts, das im Kaiserhaus in der Wallnerstraße 3, untergebracht war. |
|
|
Abbé Johann Marcy, Direktor
des physikalischen Kabinetts |
|
Die vielfältige Tätigkeit ging aber weit darüber weit hinaus. So unterrichtete Marcy auch die Erzherzöge und war generell Berater des Kaisers in allen technischen Angelegenheiten.
1767 baute er eine Schreibmaschine.
Ab 1761 war er an der phil. Fakultät der Universität Wien als Direktor der physikalischen und mathematischen Wissenschaften und wurde damit Nachfolger von Van Swieten. |
Palais Harrach (links) auf der Freyung |
|
Viele Naturalien, die auf dem Kaiserbild zu sehen sind, befinden sich auch heute noch in den Sammlungen des NHM. Einige sind in einer Vitrine unterhalb des Bildes ausgestellt.
Ammoniten waren die Kannibalen des Erdmittelalters. Ihre Kiefer ähnelten den Schnäbeln von Greifvögeln und weisen sie als Räuber aus. Ammoniten sind mit den Tintenfischen verwandt. Das mit Gas gefüllte, gekammerte Gehäuse sorgte für Auftrieb im Meerwasser, zur Fortbewegung wurde Wasser stoßweise durch einen Trichter gepumpt, sodass ein Rückstoß entstand. Die Schalen der männlichen und weiblichen Tiere unterscheiden sich oft beträchtlich. |
|
|
Vitrine im Stiegenhaus |
|
|
|
Bergkristall |
Smaragd |
Ammonit |
Statuenschmuck
Nirgends sonst wird der quasi-religiöse Charakter der Architektur so stark spürbar wie im Stiegenhaus des NHM. Wie Heiligenfiguren in einer Kathedrale stehen die Statuen berühmter Forscher in Nischen entlang der umlaufenden Balustrade. Hier sind nicht alle angeführt. |
|
|
Aristoteles, Philosoph |
Kepler, Mathematiker |
|
|
Newton, Physiker |
Linné, Botaniker |
Linné (gestorben 1744) haben wir unsere Temperaturskala zu verdanken. Sie denken jetzt: das war doch der schwedische Astronom Celsius, der die Thermometerskala von 0-100 Grad erfand? Richtig, aber er hatte als Fixpunkt den Gefrierpunkt mit 100 Grad und den Siedepunkt mit 0 Grad festgelegt. 3 Jahre nach seiner öffentlichen Präsentation kehrte der Naturforscher Carl von Linné (1707-1778), der als erster die Welt der Pflanzen und Tiere systematisch erfasste, die Temperaturskala um. |
|
|
Berzelius, Chemiker |
Humboldt, Forscher |
Der 1799 in Schweden geborene Schwede Jöns (Jakob) Freiherr von Berzelius gilt als Begründer der modernen Chemie. Er entdeckte eine Reihe neuer Elemente und führte zu Beginn des 19. Jahrhunderts die in der Chemie gebräuchlichen wissenschaftliche Zeichen oder Symbole ein, indem er die Namen der Elemente abkürzte und diese Abkürzungen als Symbole für die Elemente verwendete. Seine Hauptleistung bestand in der Messung von Atomgewichten. Berzelius starb nur wenige Tage vor seinem 69. Geburtstag am 7. August 1848 in Stockholm. |
▲
Das Deckengemälde
An der Decke des Stiegenhauses wurde ein riesiges Gemälde angebracht. 1882 erhielt der Maler Hans Canon, dessen Denkmal beim Stadtpark an der Ringstraße steht, den Auftrag zu diesem Bild, das Thema dafür konnte er frei wählen. Ganz im Geiste des Darwinismus schuf er ein Gemälde mit dem Titel: Kreislauf des Lebens. |
|
In einer kreisförmigen Komposition vollzieht sich der Kampf ums Dasein. Auf der einen Seite macht sich der Mensch die Erde untertan, er fängt gerade mit einem Dreizack einen Fisch. Es folgen die Liebe und schließlich der Kampf.
Auf der anderen Seite vollzieht sich der Abstieg. Ein Putto wirft zuckende Blitze auf den Menschen herab.
In der Mitte des Geschehens sitzt der Philosoph mit dem Stundenglas, dem Symbol für die Vergänglichkeit. Er versucht, dem Rätsel des Daseins auf die Spur zu kommen. Dass er keine Antwort finden wird, symbolisiert die Sphinx mit dem versiegelten Buch. Sie repräsentiert das ewige Rätsel. |
Deckengemälde: Kreislauf des Lebens |
|
Das Bild ist auf Leinwand gemalt und kein Fresko, wie man zunächst vermuten würde. Aufgrund der enormen Größe 140 m² musste Canon das Bild in einem der Säle des Museums fertig stellen. Kurz nach der Vollendung des Bildes 1885 starb Hans Canon. Die Anbringung der Leinwand über dem Stiegenhaus konnte der Maler nicht mehr miterleben.
Stilistisch ist das Gemälde dem Barock eines Peter Paul Rubens angelehnt. Das eher blasse und wenig buntfarbige Colorit verleiht dem Bild einen altertümlichen Eindruck. Diese künstlich alt anmutende Farbgebung (Museumsmalerei) wurde von Canons Zeitgenossen sehr geschätzt. |
|
|
Philosoph und Sphinx |
▲
Obere Kuppelhalle
|
Ikonographisch ist auch das Dekor der Kuppel auf die Sammlungen des Museums abgestimmt. Unterhalb der kreisrunden Fenster repräsentieren je zwei Figuren die acht wissenschaftlichen Disziplinen, die ursprünglich in diesem Gebäude zu finden waren.
Zoologie, Botanik, Anthropologie, Ethnographie, Urgeschichte, Mineralogie, Geologie, Paläontologie. Bis auf die Ethnographie, für die 1928 ein eigenes Museum für Völkerkunde gegründet wurde, sind heute noch alle Disziplinen hier im Museum vertreten. |
Obere Kuppelhalle |
|
|
Skulpturenschmuck
Die Mineralogie wird dargestellt durch einen Bergmann in Knappentracht mit einer altmodischen Grubenlampe in der Hand und daneben ein Goldgräber oder Mineraloge mit Hut und Hammer.
Zwischen den beiden steht eine Bergkristallstufe. |
Mineralogie |
|
Die Urgeschichte wird von zwei Männern repräsentiert, zwischen denen in der Mitte die Fossilplatte des berühmten "Homo diluvii tristis testis" zu sehen ist.
Dieses Fossil wurde Anfang des 18. Jhd.s von dem Zürcher Arzt und Naturforscher Johann Jakob Scheuchzer zum ersten Mal beschrieben und abgebildet. Er hielt es für das "Beingerüst eines in der Sündenflut ertrunkenen Menschen". |
|
|
Urgeschichte |
Tatsächlich handelte es sich bei dem versteinerten Skelett nicht um die Überreste eines armen Sünders, sondern um einen 14 Millionen alten Riesensalamander. Georges Cuvier, der dies 1811 herausfand, benannte das Fossil aus Öhningen in Baden-Württemberg daraufhin mit dem Namen"Andrias scheuchzeri".
Obwohl zum Zeitpunkt der Inneneinrichtung des Museums der "Scheuchzer'sche Irrtum" bereits über 80 Jahre geklärt war, verwendete der Bildhauer Viktor Tilgner diese Fossilplatte in seiner Allegorie. Dies illustriert einmal mehr, wie subtil das Dekorationsprogramm des NHM ist und mit welch feinen wissenschaftsgeschichtlichen Anspielungen und Zitaten hier gearbeitet wurde. |
|
Die Ethnographie wird von einer afrikanischen Frau im Fellrock und einem indianisch anmutenden Mann mit Pfeil und Bogen symbolisiert.
Zwischen den Figuren ist ein Tierkopf mit einer Art Totempfahl zu sehen. |
Ethnographie |
|
Die Anthropologie wird von einer jungen Frau in einem grünem Kleid und einem alten Mann, beide mit Büchern in der Hand, repräsentiert.
Zwischen den beiden Figuren liegen ein Totenschädel und eine ägyptische Figur. |
|
|
Anthropologie |
|
Fries: Anspielung auf Charles Darwin |
Der Fries im großen Sprengring der Kuppel zeigt diverse Szenen mit Tieren und Knaben von Johann Benk. Die Tiere, die in diesem Fries dargestellt sind, sind keineswegs bloße Phantasiewesen, sondern genau erkenn- und benennbar.
Die spannendste Szene in diesem Fries befindet sich an der Stiegenhausseite: Ein kleiner Affe hält einem Knaben den Spiegel vor das Gesicht. Dieser bedeckt mit den Händen seine Augen und will nicht sehen, was ihm der Affe zeigt. Hinter ihm sitzt ein weiterer Affe mit einem aufgeschlagenem Buch, worauf geschrieben steht: Darwin, Abstammung des Menschen".
Diese Szene ist die direkte Anspielung auf die Theorien Charles Darwins, die das Weltbild des ausgehenden 19. Jahrhundert völlig veränderten. |
Inmitten des prächtigen Ambientes der Kuppelhalle befindet sich neben dem Museumsshop seit 1998 auch das neue Museumscafe Nautilus.
Im Stil eines alten Ringstraßencafés eingerichtet und durch die radial geordneten Paravents im Rund der Kuppelhalle entfernt an die Kammerung eines Nautilusgehäuses erinnernd, soll dieses Café ganz im Sinne Jules Vernes die Wissenschaftsromantik und Aufbruchstimmung des 19. Jhd. spürbar machen. |
|
|
Café Nautilus |
|
Das Riesenkrabbenpärchen in der Vitrine aus der Bucht von Tokio war ein Geschenk des japanischen Kaisers Meiji an Kaiser Franz Joseph. Im Vordergrund ist das Männchen zu sehen, im Hintergrund das wesentlich kleinere Weibchen.
Lassen Sie sich von diesen Ungeheuern keinesfalls den Appetit verderben! |
Riesenkrabben,
ein Geschenk des japanischen Kaisers |
|
▲
Jänner 2003
Quellen: Czeike Wien; Das NHM als Gesamtkunstwerk Stefanie Kruspel; |
|