Aus begüterter Familie stammend, führte Adler zunächst eine Arztpraxis.
Dem älteren, sozialen Fragen nicht aufgeschlossenen Liberalismus sehr kritisch gegenüberstehend, schloss sich Adler zunächst deutschnationalen Gruppierungen um Georg von Schönerer an. Vom zunehmenden Antisemitismus und rabiaten Nationalismus Schönerers abgestoßen, wandte er sich der Sozialdemokratie zu.
Diese damals in sich noch wenig geschlossene und stark angefeindete Partei erhielt durch seine ausgleichende und überlegte Haltung, durch seine publizistische Tätigkeit und sein Auftreten in der Öffentlichkeit einen neuen Zuschnitt.
Seit dem Hainfelder Parteitag 1888/89 nahm die Partei unter Adlers Führung einen raschen Aufschwung. Die Forderung nach dem allgemeinen und gleichen Wahlrecht ging vor allem von den Sozialdemokraten aus, die ihre Forderungen durch große Kundgebungen - auch vor dem Parlament - zu unterstreichen wussten.
Angesichts der Massenbasis der Sozialdemokraten bedeutete das neue Wahlrecht die entscheidende Voraussetzung für künftigen größeren politischen Einfluss: Nach der Wahl 1907 stellten die Sozialdemokraten (noch unter Einschluss der tschechischen Sozialdemokraten) tatsächlich mit 86 Abgeordneten nach den Christlichsozialen (96) die größte Fraktion.
Vorher hatten sie über 10 Abgeordnete verfügt! Victor Adler selbst gehörte dem Abgeordnetenhaus erst seit 1905 an. 1918 ist er, einer der Gründerväter der Republik und ihr Staatssekretär für Äußeres, in Wien gestorben.
Sein Sohn Friedrich Adler war ein wichtiger Führer des linken Flügels der Sozialdemokraten.
Quelle: Stimmporträts, Serie 2, Verlag Akademie der Wissenschaften, 1999 |