Schon die erste Nummer war eine Sensation. Das rote Heftchen, das sich Die Fackel nannte, war nach seinem Erscheinen am 1. April 1899 sofort vergriffen und musste mehrmals nachgedruckt werden. "Soweit das Auge reichte, alles - rot", hinterließ ein Zeitzeuge, "so einen Tag hat Wien noch nicht erlebt. Auf den Straßen, auf der Tramway, im Stadtpark, alle Menschen lesen aus dem roten Heft. Und dieses ganze Heft war von einem einzigen Menschen geschrieben."
Karl Kraus, dieser "einzige Mensch", konnte nicht ahnen, was er sich mit der Neugründung seiner kulturkritischen Zeitschrift angetan hatte. Der erst 25-jährige Journalist, der wie kein anderer Intoleranz, Geistlosigkeit und den Missbrauch des Wortes bekämpfte, wurde selbst heftig angefeindet - einmal sogar gewaltsam.
Schon in den ersten Ausgaben des neuen Blattes unterstellte er den in der Wiener Tagespresse schreibenden "journalistischen Schmarotzern", sie würden "der Regierung und dem Capitalismus jedwede Schweinerei nachsehen". Er zog gegen Schnitzler, Hofmannsthal und Hermann Bahr zu Felde und nannte Kulturkritiker "korrupt", da sie sich mit Theaterdirektoren verbrüdert hätten. Karl Kraus, der bei Gründung der Fackel noch in der elterlichen Wohnung in der Elisabethstraße lebte, sollte die Auswirkungen seiner Unnachgiebigkeit am eigenen Leib zu spüren bekommen.
In der Nacht vom 10. auf den 11. Mai 1899 wird er im Kaffeehaus überfallen und blutig geschlagen. Wie sich herausstellen sollte, hatten mehrere Theaterkritiker einen gerichtlich entmündigten Stückeschreiber, in dem sich - so Karl Kraus - "Schwachsinn und Körperkraft glücklich gepaart fanden", zu diesem tätlichen Angriff angestiftet. "Herr Kraus", meinte einer von ihnen, "wird seine Schreibweise ändern müssen, wenn er Wert darauf legt, das erste Quartal seiner Fackel zu überleben."
Nachdem er es überlebt hatte, gab Kraus in Heft 9 den folgenden Rechenschaftsbericht über das erste Quartal der Zeitschrift: "Anonyme Schmähbriefe: 236. Anonyme Drohbriefe: 83. Überfälle: 1."
Insgesamt hat er - ohne je seine Angriffslust zu verlieren - 922 Ausgaben der Fackel herausgebracht, deren letzte wenige Wochen vor seinem Tod am 12. Juli 1936 erschien.
(Quelle: Markus) |