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                          |  |  Karl WittgensteinUnternehmer, 1847 - 1913
 
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                          |  |  
                          |   Karl WittgensteinUnternehmer, 1847 - 1913
 (Vater des Philosophen Ludwig
                                                    Wittgenstein)
                                                                                       Zentralfriedhof, Gruppe
                                32 B 
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                          | Die Familie Wittgenstein stammt aus Deutschland,
                              Nordrhein-Westfahlen, aus der Region Wittgenstein.
                              Der Gutsverwalter der dort ansässigen adeligen
                              Familie Sayn-Wittgenstein war der jüdische
                              Moses Meyer. Als 1808 das Gesetz erlassen wurde,
                              dass jüdische Staatsbürger einen deutschen
                              Nachnamen annehmen sollten, nannte er sich Moses
                              Wittgenstein.  Moses machte dann Karriere als Wollgroßhändler,
                              sein Sohn Herrman Christian verlegte den Firmensitz
                              nach Leipzig und trat, ebenso wie seine jüdische
                              Frau (eine Wienerin), zum protestantischen Glauben über.
                              Sie hatten elf Kinder, Karl war einer ihrer Söhne.
                              1860 übersiedelte die Familie nach Wien, wo
                            Herrman Christian im Immobilienhandel arbeitete.  |  |  Der Stahlbaron seiner Majestät  
                
                  | Karls Biografie liest sich
                      wie ein Filmdrehbuch: Mit elf Jahren versuchte Karl Wittgenstein
                      das erste Mal, von zu Hause davonzulaufen, mit siebzehn
                      verließ er
                    das Gymnasium.  |  
                  |  | Ein Jahr später, 1865 lief er tatsächlich
                      von zu Hause fort: mit einem Pass, den er in Wien einem
                      verarmten Studenten abgekauft hatte, reiste er nach Amerika,
                      wobei er nur eine Geige als einzigen Besitz dabei gehabt
                      haben soll.  In New York verdingte er sich als Kellner und Barmusikant,
                        als Lehrer für Mathematik, Deutsch, Latein, Griechisch
                        sowie Musik, Violine und Horn und schließlich als
                        Steuermann auf einem Kanalboot. Fast ein Jahr ließ er
                        die Familie ohne Nachricht und erst zwei Jahre später
                        kehrte er zu ihr nach Wien zurück.  1867 kehrte er als "verlorener Sohn" nach Wien zurück
                      und begann reumütig, seine Karriere aufzubauen, aber
                      da er keinerlei abgeschlossene Ausbildung hatte, brauchte
                      er das Vitamin B - Beziehung.  Sein Schwibschwager, der
                        Industrielle Paul Kupelwieser (Sohn des Malers Leopold
                        Kupelwieser) ermöglichte ihm den Einstieg als technischer
                        Zeichner bei den " Teplitzer  Walzwerken" in
                    Böhmen.  |  
                  |  |  |  steile Karriere  
                
                  | Bereits 1876 wurde Wittgenstein in den Direktionsrat
                      gewählt und 1877 zum Direktor bestellt. Nur wenige
                      Jahre später war er auch deren Hauptaktionär.  Sein steiler Aufstieg ging weiter: Er kaufte und verkaufte,
                      er rief das österreichische Eisenkartell und Schienenkartell
                      ins Leben und gründete in Böhmen ein eigenes
                      Werk: die ,Poldihütte', benannt nach seiner Gattin
                    Leopoldine, deren Kopf auch das Werkslogo zierte.  |  |  
                  |  | Gattin 'Poldi'  |  
                
                  | Der Amerikaner in Österreich  |  
                  | In seiner Geschäftspolitik wurde Karl Wittgenstein
                      als der "Amerikaner in Österreich" bezeichnet, weil
                      er rigoros Rationalisierungen vornahm, ohne Rücksicht
                      auf die Arbeiter. So was wie einen Sozialplan hatte Wittgenstein
                      nicht vorgesehen.  Und er strebte danach, alle Macht in Händen
                      zu halten: von der Erzgewinnung bis zur Schienenherstellung.
                      Wittgensteins unkonventionelle und erfolgreiche Art, Geschäfte
                      zu betreiben, zeigte sich in der Art, wie es ihm gelang,
                      in einer Zeit wirtschaftlicher Depression gewinnbringende
                      Aufpräge für seine Firma zu bekommen.  Als 1878
                        der russisch-türkische Krieg ausbrach, wurde bekannt,
                        dass der russische Staatsrat Poljakoff im Auftrage der
                        russischen Heeresleitung Aufträge für Eisenbahnschienen
                        zu vergeben hatte. Wittgenstein reiste eilends nach Bukarest,
                        um persönlich mit Poljakoff zu verhandeln. Als er
                        mit dem Staatsrat zusammentraf, musste er feststellen,
                        dass dieser schon mit so illustren Konkurrenten wie Krupp
                        in Verhandlung stand. Da die russische Heeresleitung
                        die in Russland gebräuchlichen schweren Schienen
                        kaufen wollte, und da die Produktion und der Transport
                        solcher Schienen Schwierigkeiten bereiten würde,
                        verfiel Wittgenstein auf eine ihn rettende Idee:  "Ich ging zu Poljakoff und
                        sagte zu ihm: "Exzellenz, hier geschieht eine große
                        Dummheit. Für Ihre Bahn, die nur drei Monate benützt
                        werden wird, brauchen Sie gar keine schweren Schienen,
                        die an und für sich und durch den erschwerten Transport
                        viel kosten. Ich kann Ihnen leichte Schienen liefern, die
                        den Zweck ganz erfüllen, und bei denen Sie viel ersparen."Das
                        leuchtete ihm ein und er sagte: "Rechnen Sie mir aus, wie
                        viel ich ersparen werde." Ich wurde in ein Zimmer geführt
                        und rechnete, so gut ich konnte, aus, wie viel die Ersparnis
                        per ausmachen würde. Poljakoff war sehr befriedigt
                        von dem Ergebnis dieser Berechnung, und die Schienenbestellung
                        wurde gleich perfekt gemacht.
 Damit waren jedoch noch nicht alle Schwierigkeiten beseitigt.
                      Poljakoff bestand auf der sofortigen Lieferung der Schienen.
                      Das Teplitzer Walzwerk hatte zwar Schienen, diese waren
                      jedoch vom österreichischen Handelsministerium für
                      Notstandsarbeiten in Schlesien bestellt worden. Damit Wittgenstein
                      seinen Verpflichtungen der russischen Heeresleitung gegenüber
                      nachkommen konnte, war nötig, dass einer er Freunde
                      beim Handelsminister um einen Aufschub nachsuchte. Der
                      Schienenauftrag der russischen Heeresleitung erwies sieh
                      dann als Beginn einer Periode außerordentlicher Prosperität
                    für das Teplitzer Walzwerk.  |  
                
                  |  | Den Höhepunkt seines Einflusses erreichte Karl
                      Wittgenstein 1897 mit dem Erwerb der Aktienmehrheit an
                      der Österreichisch-Alpine Montangesellschaft, jedoch
                      führte diese Monopolstellung zu heftigen Widerständen.  Angesichts des Aufruhrs, zog sich Karl Wittgenstein 1898
                      - erst 52 Jahre alt - von all seinen Posten zurück
                      und unternahm mit seiner Frau eine Weltreise.  Außerdem
                    verkaufte er seinen gesamten Industriebesitz.  |  
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                  | Den Erlös transferierte er in die Schweiz,
                      nach Holland und in die USA und investierte ihn dort in Immobilien,
                      Aktien und Anleihen. Daher überstand sein gewaltiges
                      Vermögen sowohl den Ersten und den Zweiten Weltkrieg,
                    als auch die Weltwirtschaftskrise.  |  Kunstmäzen 
                
                  | Karl heiratete 1873 Leopoldine Kallmus, eine begabte
                      Pianistin, die aus einer Prager jüdischen Familie stammte.  Das
                        bezog die Familie das Palais Wittgenstein, welches 1871-73
                        von Friedrich Schachner in der Alleegasse (heute Argentinierstraße)
                        erbaut worden war.  Die beiden waren sehr kunstsinnig, Wittgenstein
                        ließ Josef Hoffmann für sich arbeiten und finanzierte
                    großzügig den Bau der Wiener Secession.  |  |  
                  |  | Wittgenstein finanziert den Bau der Secession  |  
                
                  |  |  
                  | Der Musiksalon im Palais Wittgenstein  |  
                
                  | Das Palais Wittgenstein wurde ein Zentrum der Musik.
                      Zu den regelmäßigen Gästen zählten Joseph
                      Joachim, Johannes Brahms, Clara Schumann, Josef Labor, Bruno
                      Walter, Friedrich Hebbel, auch der modernen Musik wie von
                    Arnold Schönberg galt ihr Interesse.  Großartige Autografen der Wiener Klassiker lagen
                      gelegentlich aufgeschlagen da, wenn man im Gespräch
                      mit Hanslick oder Kalheck umherging.  Im Haus der Wittgensteins
                        waren Bilder von Gustav Klimt, den Wiener Secessionisten
                        und Segantini zu bewundern, sie hingen neben den Meistern
                    der Münchner und der Wiener Schule.  Karls Sohn Paul, der Pianist wurde, spielte oft Duette
                      mit Richard Strauß. Paul verlor im ersten Weltkrieg
                      einen Arm und wurde danach der beste einarmige Pianist
                    der Welt.                          Link: Bild Sohn Paul, der einarmige Pianist                      |  
                  |  |  Kinder 
                
                  | Insgesamt hatten Karl und Leopoldine, die zum Katholizismus
                      konvertiert war, acht Kinder, die alle katholisch getauft
                      wurden (ein Kind starb bei der Geburt). Drei seiner fünf
                      Söhne begingen Selbstmord. Paul wurde Pianist, Ludwig
                      Philosoph.  Die jüngste Tochter Hermine blieb ledig, Helene heiratete
                      einen Sektionschef im Finanzministerium, den aus Siebenbürgen
                      eingewanderten Max Salzer, und Margarete den Amerikaner
                      Jerome Stonborough. Von diesem trennte sie sich 1923 und
                      ließ drei Jahre später das Haus Wittgenstein
                    im 3. Bezirk errichten. Jerome beging 1938 Selbstmord.  Link: Bild Sohn Ludwig, Philosoph (wiki)
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                  |  |  
                
                  |  | Anders als andere erfolgreiche Unternehmer und Bankiers
                      jüdischer Herkunft lehnte Karl Wittgenstein die Erhebung
                      in den Adelsstand ab.  Er war ein Wittgenstein, wollte keiner
                        der gewöhnlichen "Ringstraßenbarone" werden. Auch
                        kokettierte er mit einer vielleicht illegitimen Abkunft aus
                        deutscher Hocharistokratie aus den fürstlichen Geschlecht
                      der Sayn-Wittgenstein.  Ein altes Wiener Scherzwort unterschied
                    jedenfalls die "Wittgenstein-Haben" von den "Wittgenstein-Sein". 
 
 
 
  
 
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                  | Tochter Margarete, gemalt
                      von Gustav Klimt  |  Quelle: 
                Vom Christbaum zur Ringstrasse, Evangelisches Wien,
                Monika Salzer, Peter Karner, Picus Verlag, 2008, ISBN 978-3-85452-636-0
 wikipedia
 ANNO
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