Kehldeckel - öffne dich!
Bei vielen Menschen ist der Zungenbeinmuskel
so angespannt, dass der Kehldeckel nie ganz öffnet.
Die belebenden Schwingungen des Stimmklangs erreichen die
Resonanzräume des Kopfes sehr schlecht. Die Stimme klingt
dann dumpf und kehlig. Oft verwenden diese Menschen sehr
viel Kraft, um die »Sperre im Schornstein« zu überwinden.
Die Stimme klingt dadurch gepresst oder unangemessen laut.
Ich rate Ihnen, in kleinsten Einheiten - eine
halbe Minute reicht, denn die Anspannung des Muskels hat
emotionale Bedeutung - über den Tag verteilt zu üben.
Ihr Daumen kreist in der Mulde unter Ihrem Kinn und bittet
den Zungenmuskel zu entspannen, während Sie summen.
Das geht überall: im Hotelzimmer, auf der Toilette nach
dem Händewaschen, am Schreibtisch. Genießen Sie
dabei den Klang Ihrer Stimme in Ihren Kopfräumen. Damit
verscheuchen Sie Müdigkeit. Diese Übung ist Balsam
für die Stimmlippen - ein wunderbares Warming-up für
strapazierte Stimmen!
Übung Kehldeckel öffnen
Setzen Sie sich gemütlich hin, legen Sie Ihren Zeigefinger
auf das Kinn und massieren Sie mit dem Daumen kreisend die
weiche Mulde unter dem Kinn. Lassen Sie den Daumen in der
Mulde mit leichtem Druck nach oben ruhen und schlucken Sie.
Spüren Sie die Kraft dieses Muskels? Er drückt
Ihren Daumen beim Schlucken nach unten, ob Sie wollen oder
nicht. Jetzt erlauben Sie diesem Muskel keine Anspannung, wenn
Sie auf »mmm« summen. Probieren Sie sorgfältig
aus, wie das geht: summen ohne Anspannung des Zungenbeinmuskels!
Keine leichte Sache! Geben Sie ein bisschen Feuer von unten,
indem Sie beim Summen den Beckenboden aktivieren.
Der Zungenbeinmuskel zieht vom Rand des Unterkiefers zum
Zungenbein. Von da geht es weiter zum Kehldeckel. Wann immer
dieser Muskel kontrahiert, verschließt der Kehldeckel
den Kehlkopf und damit die Luftröhre. Sehr sinnvoll:
So rutscht das Essen in die dahinter liegende Speiseröhre
und wir verschlucken uns nicht.
Der Zungenbeinmuskel zählt zu den kräftigsten
Muskeln unseres Körpers. Durch die vielen Schluckbewegungen
baut er pro Tag einen Druck von viertausend Kilogramm auf.
Und doch muss er beim Sprechen so entspannt wie möglich
sein, damit der Kehldeckel sich aufrichtet und der Weg durch
den Schornstein frei ist. Wenn Sie summen, ist der Mund geschlossen,
Ihre Zähne haben leichten Kontakt zueinander und der
Zungenbeinmuskel ist völlig entspannt. Sie können
ihn mit dem Daumen weich nach oben Richtung Gaumen schieben.
In der Bioenergetik wird diese Mulde im Bogen des Unterkiefers
das emotionale Nest des Menschen genannt. Wie oft schlucken
wir im übertragenen Sinn etwas runter und verbergen
unser wahres Gefühl. Wir halten unsere Tränen zurück.
Wir zeigen unsere Wut, unsere Empörung nicht. Bei Konflikten,
Leistungsdruck und Stress beißen wir die Zähne
zusammen, spannen den Zungenmuskel an und halten durch!
Beispiel
Ralf S., 41 Jahre, erfolgreicher Managementtrainer,
klagt über einen permanenten Kloß im Hals. Es
kostet ihn immer viel Anstrengung, in seinen Seminaren stimmlich
durchzuhalten. Außerdem hat er oft Nasennebenhöhlenerkrankungen
und ist dann immer sehr verschleimt. Ralf spricht ausgesprochen
laut. Sein Stimmeinsatz ist sehr hart, außerdem räuspert
er sich ständig. Deshalb beginne ich unsere Zusammenarbeit
mit einer ausführlichen stimmhygienischen Beratung.
Ralf ist sehr schlank, deshalb kann ich deutlich
sehen, wie sich sein Zungenbeinmuskel beim Sprechen verdickt.
Ich zeige ihm dies im Spiegel. Ralf mag diese Art des Doppelkinns überhaupt
nicht. Als ich ihn an den erfolgreichen Fernsehmoderator
Günter Jauch - bei ihm kann man diese Fehlspannung übrigens
auch sehr gut beobachten - erinnere, muss er lachen. »Dann
kann es ja nicht gar zu schlimm sein!«
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