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Palais Harrach
3., Ungargasse 67 - 69 |
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Architekt: Lukas von Hildebrandt
1735, 1945 zerstört
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1. Bauphase 1727 - 1731 |
Aloys Graf Harrach erwarb hier 1727 einen Landsitz, und ließ bis 1735 von Johann Lukas von Hildebrandt das Gartenpalais errichten.
Die ersten zwei Seitenflügel entstanden sehr rasch 1728 - 1729, aber dann stockte die Arbeit, weil es Zerwürfnisse zwischen dem Architekten und dem Grafen gab, der inzwischen zum Vizekönig von Neapel aufgestiegen war, und der auch in Italien residierte.
Es gab Beschwerden wegen Überschreitung der Kostenvoranschläge und auch über Baumängel - z.B. musste der Dachstuhl ersetzt werden, weil er "so liederlich" ausgeführt gewesen war. 1731 wurde Hildebrandt der Bauauftrag entzogen. |
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2. Bauphase 1731 - 1735 |
Als Aloys Graf Harrach im Feber 1734 aus Italien zurückkehrte, söhnten sich beide miteinander aus. Hildebrandt erhielt den Auftrag zu einer Verlängerung des Haupttraktes, zum Umbau eines Seitenflügels in eine Kapelle (im Bild links - bisher hatte sich die Küche darin befunden) und zu einem weiteren, dritten Trakt. Im Herbst 1735 war alles vollendet. |
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Straßenfront (Wiener Neustädter
Kanal im Vordergrund) |
Die Straßenfront zeigt drei vorspringende Flügel, der mittlere davon ist durch das Zwiebeltürmchen als Kapelle erkennbar. Die beiden Höfe wurden von der Straße durch eine Mauer getrennt, deren Mitteltorereich verziert waren. Über den Torbögen prangte das Harrach'sche Familienwappen. Ein weiteres Tor führt in einen länglichen Hof, den die Stallungen begrenzten (siehe Bild ganz oben).
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Innenausstattung
Für die Innenausstattung
des Palais sorgten der Stukkateur Santino Bussi, Altomonte
und Gaetano Fanti führten die Fresken aus.
Der südliche
Trakt beherbergte den Festsaal und die Sala terrena.
Im Nordflügel befanden sich die Gemäldegalerie, die Wohnräume des jungen Grafenpaares und die Prachtstiege von Lukas von Hildebrandt.
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Prunkstiege von Hildebrandt |
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Kapelle
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Die Kapelle war dem Hl. Januarius geweiht.
Dieser ist der Patron Neapels, und als Harrach mit seiner
Gemahlin Ernestine bei einem Schiffbruch gerettet wurde,
gelobten sie dem Heiligen Januarius eine Kapelle erbauen
zu lassen.
Das Hochaltarbild stammte von Martino Altomonte,
in einer Nische stand eine Büste des Heiligen aus
getriebenem Metall, wahrscheinlich von Raphael Donner
(befindet sich heute im Dom- und Diözesammuseum).
Eingeweiht wurde die Kapelle 1735 von Kardinal Kolonitz. |
Januarius-Kapelle |
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Garten
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Gartenfront |
Die Gartenfront des Palais umfasste 22 Fensterachsen.
Über der drei Tore breiten Sala Terrena lag der Festsaal. Die Attika dieses überhöhten Bauteiles war mit Skulpturen (Minerva und Mars) geschmückt, Vasen schmückten das trapezförmige Dach. |
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Der Garten bestand aus zwei verschiedenen Teilen: der an den Palast anschließende war nach französischem Geschmack gestaltet und diente dem Lustwandeln.
Der andere Teil, an die Stallungen angrenzende, war der Küchen- und Obstgarten.
Bau- und Gartenarchtiekten arbeiteten eng zusammen, sollte doch der Garten ebenso repräsentativen Charakter haben wie die Innenräume eines Palais.
So gab es entlang einer Mittelachse symmetrisch angelegte Beete, gruppiert mit streng geschnittenen Bäumen und Sträuchern, Labyrinthen, Bassins und Brunnenanlagen, Orangerien und Lusthäusern.
An der östlichen Abschlusswand eine dem hl. Nepomuk geweihte Kapelle mit einem Zwiebelturm.
Bild: links oben Palais Harrach, rechts oben Palais Althan |
Der riesige Garten des Grafen Harrach |
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Palais und Garten verblieben bis zum Jahr 1791 im Besitz der Familie Harrach.
Dann erwarb Kaiser Leopold II., Sohn Kaiserin Maria Theresias und vormals Großherzog von Toskana, die Liegenschaft.
Der Hof hatte so wenig Interesse an dem Barockbau, dass er ihn 1797 einer Zuckerfabrik überließ. 1804 kaufte Kaiser Franz die Liegenschaft. |
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Garten, Detail |
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Er ließ hier durch seinen Hofgärtner Antoine einen riesigen Obstgarten anlegen, um die Hoftafel mit den köstlichsten Früchten zu versorgen.
Sogar brasilianische Pflanzen gab es im nun genannten "Kaisergarten".
Wie reich der Garten an Obstsorten war, läßt sich daran ermessen, dass allein von den Reben mehr als 600 Sorten aus allen Teilen der Monarchie hier angepflanzt wurden. |
Garten, Detail |
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19. Jahrhundert: Garde zieht ein
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1840 zieht die Lombardo-Venezianische Garde zieht ein |
Nach dem Tod des Kaisers Franz wurde der Garten der neu gegründeten Gartenbaugesellschaft überlassen, ins Palais zog 1840 Lombardo-Venezianische Garde ein. Die dafür nötigen Umbauten nahmen die Architekten
Vascani und Francesconi
vor.
Der Haupttrakt wurde aufgestockt, die Seitenflügel bekamen Dreiecksgiebel mit Wappen und Reliefbüste Kaiser Ferdinands aufgesetzt. Ein einfaches Eisengitter mit Helmzier trennte von nun an den Ehrenhof von der Straße.
Neun Jahre waren hier der Gardekapitän, ein Unterleutnant und ein Hauptwachtmeister sowie etwa sechzig einfache Gardisten untergebracht. |
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1850 zieht das Militär-Reitlehrerinstitut ein, Aufnahme 1897 |
Als die Garde 1849 aufgelöst wurde, zog das Militär-Reitlehrinstitut im Palais ein (damals entstand auch die Reithalle gegenüber dem Palais, links im Bild).
Und wieder wurde das Palais "adaptiert" - viele Dekorationen wurden entfernt und 1912 schließlich sogar die Prunkstiege Hildebrandts abgetragen - sehr zum Unwillen des Thronfolgers Franz Ferdinand, den man als Verantwortlichen für militärische Belange von dieser Maßnahme erst unterrichtet hatte, als es bereits zu spät war.
Als Bewohner des Belvedere wußte Franz Ferdinand die Architektur eines Lukas von Hildebrandt sehr wohl zu schätzen.
Der riesige Garten fiel in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts der Parzellierung zum Opfer. Kaiser Franz Joseph stiftete 1858 anläßlich der Geburt seines Sohnes ein Spital (Rudolf-Stiftung), für das der östliche Teil des Kaisergartens zur Verfügung gestellt wurde. |
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Aufnahme 1914 |
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Heute
Im 2. Weltkrieg wurde das Palais durch Bomben zerstört
und wurde abgetragen, lediglich die Mauern der Januarius-Kapelle
blieben stehen. Die Innenrestaurierung der Kapelle wurde
anhand von Stichen Salomon Kleiners durchgeführt
und 1988 abgeschlossen. Heute steht die Kapelle (wenn man
die Geschichte nicht kennt) etwas unmotiviert zwischen
modernen Schulbauten.
Und was wurde aus der Reithalle? In der Zwischenkriegszeit beherbergte sie das Eos- bzw. Sascha-Kino. Danach war in den heruntergekommenen Bauten die Postgarage samt entsprechenden Büro- und Werkstatträumen untergebracht.
Ende der achtziger Jahre kaufte die ALAG-Leasing den großen Komplex. Die Reithalle durfte nach Aufhebung des Denkmalschutzes abgerissen werden. Vom ebenfalls geschützten Verwaltungstrakt blieben wenigstens die Außenmauern sowie die Säulenhallen bestehen. Dort entstand ein Hotel in einer Formensprache, die auf den Stil der sechziger Jahre zurückgreift, aber im Restaurantbereich noch immer von der eindrucksvollen historischen Bausubstanz profitiert.
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