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Home | Palais | Batthyány

 

  Palais Batthyány  
1, Herrengasse 19 / Bankgasse 2

 

Architekt: Christian Oettel
Bild: Bankgasse 2

Baugeschichte - Herrengasse - Bankgasse - Hotel Klomser - Der Fall Redl

Bankgasse

 

Baugeschichte

Ursprünglich befanden sich auf dem Areal drei Häuser, deren Vorgängerbauten dem Bürgerspital zinsbar waren. An der Ecke Herrengasse-Bankgasse war das sogenannte Altendorf'sche Stiftshaus, das bis 1626 Eigentum des Protestantenführers Helmhard Jörger von Tollet war (wurde enteignet).

Wolf Andre Orsini Graf Rosenberg ließ nach 1692 und vor 1697 einen Neubau errichten. 1716 wurden dann die Nachbarhäuser in der Bankgasse (Vordere Schenkenstraße) einbezogen.

Detail Tor Bankgasse
 

 

1718 erwarb die Gräfin Eleonora Batthyány, die Erbtochter des Theodor Graf Strattmann, der als Hofkanzler eine bedeutende Rolle spielte, den Komplex.

Sie war die Witwe des Feldmarschalls Adam Graf Batthyány und wurde nach ihrem Tod in der Familiengruft (Franziskanerkirche in Güssing) beigesetzt.

Um 1730 wurde die Fassade in der Herrengasse durch Christian Oettel in der Art des Johann Bernhard Fischer von Erlach geschaffen.

 
Detail Tor Bankgasse

Herrengasse

Obwohl der Komplex als ein Haus gilt, kann man sofort erkennen, dass es ursprünglich wenigstens drei Häuser waren.

Das Haus Herrengasse 19 besteht aus zwei Teilen. Der linke, gegen die Bankgasse gelegene Teil ist symmetrisch.

Der Mittelrisalit wird durch das Tor betont. Das eigentliche Palais ist fünfachsig. Rechts davon befindet sich ein deutlich akzentuierter Seitenflügel.

Durch Nutung der unteren beiden Geschosse werden die Bauteile zusammengezogen. Im linken Teil befinden sich über den Fenstern Dreieckgiebel, rechts und links, den Bau zusammenfassend, rustizierte Ecken.

Der zweiachsige Seitenbau ist in den Obergeschossen vom Hauptbau deutlich abgehoben.

Die Seitenfront in der Bankgasse ist einfacher gestaltet, ähnlich den beiden Risaliten neben dem symmetrischen Teil in der Herrengasse.

Herrengasse 19
 

Das Tor ist etwas vorgesetzt, und auf jonisierenden Pilastern befinden sich militärische Rüstungsgegenstände. Über dem Sprengsegmentgiebel ist das fürstliche Wappen der Batthyány angebracht.

Auf dem Balkon mit Schmiedeeisengitter - dieses mit floralem Dekor - befinden sich Schlangenvasen.
Die Pfeiler auf dem Balkon - quasi die Sockel der Vasen - zeigen Herkules-Reliefs: links der Kampf mit dem Riesen Antaeus und rechts der Sieg über den Höllenhund Cerberus.

Herkules-Reliefs

Bankgasse

Deutlich hebt sich der elfachsige und viergeschoßige Teil des Komplexes in der Bankgasse vom Herrengassentrakt ab.

Zwei dreiachsige Seitenrisalite fassen den etwas zurückgesetzten fünfachsigen Mittelrisalit ein. Das erste und zweite Geschoß ist genutet.

Die Fenster sind gleich verziert und von geraden Überdachungen mit angedeutetem Keilstein abgeschlossen.

Im dritten Geschoß sind die Fenster abwechselnd mit Giebel und Bogen bekrönt, und im obersten Geschoß sind wieder gerade Abschlüsse mit Festons.

Bankgasse 2
 

 

Die Mittelachse ist durch das Tor gegeben.

Über dem Tor befindet sich wieder das fürstliche Wappen sowie die freiplastische Kette des Vliesordens (Feuerstein und Feuereisen).Gesäumt wird dieses Wappen von zwei Puttis mit Fahnen und anderen militärischen Emblemen.

 

Der Torbogen ist von einem schmiedeeisernen Gitter geschlossen, in dem sich ein bekröntes Allianzwappen befindet. Das Tor ist von nach unten schmäler werdenden Pilastern seitlich gerahmt. Auf diesen sind Helme und Waffen appliziert.

 

Oberhalb des Tores befindet sich ein Scheinbalkon mit stuckierten Balustern und ein Fenster, welches von jonisierenden Pilastern gerahmt und mit Festons verziert ist. Im Giebel des Fensters sieht man wieder das bekrönte Allianzwappen.
Der Innenhof des Palais ist fast quadratisch mit kreisrunden Fensterbekrönungen an der Westseite. Die unteren beiden Geschoße sind genutet. Der Hausbrunnen ist mit einem Maskeron verziert. Die Hofarchitektur wurde im 19. Jahrhundert vereinfacht.

Hotel Klomser

Nach der Mitte des 19. Jahrhunderts wurde das Eckhaus zum Hotel umgestaltet (Klomser). Hier beging der Oberst des Generalstabes Alfred Redl am 25. Mai 1913, nachdem er der Spionage für Russland überführt worden war, Selbstmord.

 

Alfred Redl

Der Fall Redl

Samstag, 24. Mai 1913.
Seit ca. 18 Uhr ist Generalstabsoberst Alfred Redl, der langjährige Chef der k. u. k. Spionageabwehr, entlarvt: Er ist es, der am Posterestante-Schalter des Hauptpostamtes am Fleischmarkt die an einen gewissen Nikon Nizetas adressierte Geldsendung übernommen und sich bei der Verfolgung durch die Kriminalbeamten durch ein im Taxi zurückgelassenes Taschenmesseretui verraten hat.
Und er weiß, dass man ihm, dem wegen seiner homosexuellen Lebensführung schon seit zwölf Jahren von den Russen Erpressten, dicht auf den Fersen ist.


Redl, 49 Jahre alt, ist am selben Tag mit dem Privatwagen von Prag herübergekommen und hat sich – wie immer, seitdem er seine Wiener Wohnung in der Wickenburggasse aufgegeben hat – im renommierten Hotel Klomser einquartiert. Sein Offiziersbursche, Josef Sladek, der bereits am Vorabend mit dem Zug angereist ist, hat alles für den Aufenthalt Nötige vorbereitet und selber ein Dienerzimmer im Klomser bezogen.


Drei Tage will Alfred Redl in Wien bleiben. Am Samstag, seinem Ankunfts- und Schicksalstag, sind es im wesentlichen vier Dinge, die er erledigt: Bei einem Karosseriemacher in der Brigittenau liefert er seinen Wagen ab, dessen Innenausstattung ein paar Verbesserungen erhalten soll; mit seinem Geliebten, dem in Stockerau stationierten Ulanenleutnant Stefan Horinka, trifft er sich am Nachmittag im Hotel zu einer Aussprache; gegen 17 Uhr behebt er auf der Post das Geheimdiensthonorar (von dem er einen kostspieligen Austro-Daimler-Tourenwagen kaufen und Stefan zum Geschenk machen will); gegen 20 Uhr nimmt er mit seinem langjährigen Freund, Staatsanwalt Dr. Viktor Pollak, in einem Restaurant im achten Bezirk das Nachtmahl ein. Mit von der Partie: zwei „Beschatter” von der Kriminalpolizei.


Pollak weiß davon nichts. Auch als Redl, ein einziges Nervenbündel an diesem Abend, seinem Freund von nicht näher bezeichneten Verfehlungen berichtet, die er sich habe zuschulden kommen und die es ihm geraten erscheinen lassen, unverzüglich nach Prag zurückzukehren, ahnt er nichts vom Ausmaß der Katastrophe. Ihn auf den nächsten Tag vertröstend, verabschiedet sich Pollak gegen 23.30 Uhr vor dem Hotel Klomser von Redl, und dieser begibt sich auf sein Zimmer. Dort kann er gerade noch die Kuverts für zwei Abschiedsbriefe adressieren: einen an seinen Bruder, einen an seinen Vorgesetzten, General von Giesl, den Kommandanten des Prager Corps .. .


Als es um Mitternacht an seiner Zimmertür klopft, ist Redl wie gelähmt: Nur ein heiser-resigniertes „Herein” bringt er über die Lippen, vom Sitz erheben kann er sich nicht. „Ich weiß schon, weshalb die Herren kommen”, sagt er zu der vierköpfigen Kommission, die eilends aus Generalmajor Franz von Höfer, Oberst August von Urbanski, Major Maximilian Ronge und Oberstleutnantauditor Jaroslav Kunz gebildet worden ist. „Ich bitte um eine Waffe, um mein Leben beschließen zu können.”


So jedenfalls steht es in den Protokollen. Es kann aber auch ganz anders gewesen sein. Wahrscheinlich hat man Redl (der angeblich, schon entkleidet, im Begriff war, sich mit einer auf dem Nachttisch bereitliegenden Schnur zu entleiben) zum Selbstmord mit der Schusswaffe gedrängt.
Redl „erbittet” sich einen Revolver; einer seiner vier „Unterhändler”, Major Ronge, eilt ins Kriegsministerium und holt einen funkelnagelneuen Browning aus dem Panzerschrank. Die Kommission zieht sich zurück, nimmt in der Herrengasse Aufstellung und wartet ab. Von hier überblickt man das Hotel Klomser am besten: Gästeportal und Lieferanteneingang (nicht allerdings Zimmer Nr. 1, das hofseitig gelegen ist). Um 1.45 Uhr kuvertiert Redl den Abschiedsbrief an seinen Bruder Wladimir: „Leichtsinn und Leidenschaft haben mich vernichtet. Betet für mich. Ich büße mein Irren mit dem Tode.”


Der Schuss, auf den die Offiziere vor dem Hotel ungeduldig warten, verzögert sich. Also begeben sich die vier Herren abwechselnd nach Hause, um die schwarze Kappe und den hechtgrauen Mantel der Offiziersuniform – in dieser Häufung und um diese Zeit mehr als auffällig! – gegen harmlose Zivilkleidung auszutauschen.

Um 5 Uhr früh wird ein Detektiv der Kriminalpolizei ins Innere des Hotels abkommandiert, um mit der gebotenen Diskretion festzustellen, ob Redl noch am Leben ist. Er findet das betreffende Zimmer offen, auf dem Fußboden neben dem Sofa die Leiche. Der Schuss in den Mund hat das Gehirn zerfetzt.


Damit die von Amts wegen beabsichtigte Vertuschung der Affäre auch ja gelingt und die Selbstjustiz eines Hochverräters der Öffentlichkeit als Routine-Selbstmord (als Kurzschlusshandlung eines momentan Sinnesverwirrten, der „in der letzten Zeit an Schlaflosigkeit gelitten” hat) dargestellt werden kann, wird der Schauplatz des Geschehens, das Hotel Klomser, nicht in die wahren Zusammenhänge eingeweiht.

Gegen Morgen erfolgt ein fingierter Anruf: Oberst Redl wird von einem Unbekannten am Telefon verlangt. Der Hotelportier will ihn daraufhin zum Apparat holen und – „entdeckt” so den Selbstmord. Das Hotel verständigt die Polizei, Polizeirat Dr. Schober und Militärarzt Dr. Miroslavich nehmen den Lokalaugenschein vor. Nur einer widersetzt sich den amtlichen Befunden: Redls Diener Josef Sladek. Für ihn ist es eindeutig Mord, sein Herr hat gar keinen Revolver besessen.

Da wird Sladek mit einer Teilwahrheit zum Schweigen gebracht: Oberst Redl habe sich des Mißbrauchs der Amtsgewalt an Untergebenen schuldig gemacht und, da überführt, das Leben genommen. Da der junge Mann von Redls Veranlagung weiß, leuchtet ihm die Erklärung ein. Vom wahren Grund - befohlener Selbstmord zwecks Verheimlichung des größten Spionageskandals Österreich-Ungarns - ahnt er nichts.


Dass schließlich auch dies bekannt wird, dafür sorgt – von Prag aus und zwei Tage später – der „rasende Reporter” Egon Erwin Kisch, dem sich durch einen puren Zufall die wahren Zusammenhänge aufdecken. Um die Pressezensur zu überlisten, lässt er die Nachricht zunächst als fingiertes Dementi in seine Zeitung, die „Bohemia”, einrücken.

Europa hat – ein Jahr vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges - seine Sensation. Und ein Wiener „Familienhotel 1. Ranges” – so der Werbeslogan des Klomser - geht damit in die Weltchronik der Kriminalgeschichte ein.

 

Quelle: Alte Häuser – Große Namen, Ein Wien-Buch; Autor: Dietmar Grieser
Verlag Niederösterreichisches Presshaus, 1986; ISBN 3-85326-777-7

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