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Balkon - Amselnest
Ein Amselnest im Blumenkkistl
am Balkon
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Amseln erblickten das Licht der Welt
im Blumenkistl am Balkon |
Nestbau
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Wilder Wein im Blumenkistl ... |
und ein Amselnest. |
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Im Juli 2013 staunte ich nicht schlecht, als ich am Balkon
eines Tages beim Gießen ein Vogelnest im wilden Wein
entdeckte. Nest war es ja noch keines, nur der Ring war gebaut.
Am nächsten
Tag folgte der Boden, dann war es fertig.
Sowohl Männlein wie Weiblein brachten Nistmaterial. Nicht
nur "natürliches", auch viel "Klumpert" war dabei, wie z.B.
Zellophanstreifen von Zigarettenpackungen.
Nun ist es nicht so, dass mein Balkon nicht benutzt wird.
Im Gegenteil. Die beiden haben mich zwar immer wieder beäugt,
ließen sich aber in keinster Weise stören. Wenn sie beim
Gießen da waren, blieben sie einfach still sitzen, bis ich
fertig war. Dennoch hielt ich mich ab da an ein weniger oft
am Balkon auf als sonst üblich. |
Wir beäugen uns gegenseitig. |
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Die Amseln ließen sich durch mein Balkon-"Innenleben"
nicht stören. |
▲ Brut
- Geburt
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Zwei Tage nach dem Nestbau legte die Amsel zwei Eier. Ich
sah sie im Hof herumfliegen, aber am Nest hielt sie sich nicht
auf. Von Brüten keine Spur.
Gleich nachgelesen sagte wiki "Amseln beginnen erst
ab der dritten Eiablage mit der Brut". Und genauso war
es: Am nächsten Tag in der Früh lagen drei Eier drinnen,
und ab da saß (meist) das Amselweibchen am Nest. Am Abend
war das vierte Ei da.
Demnach sind die Kücken auch nicht gleichzeitig geschlüpft.
Das Knacksen der aufbrechenden Eier war deutlich zu hören.
14 Tage hatten die Amseleltern das Nest bebrütet und behütet
gehabt.
Ab dem Moment der Geburt wurden die sie dann wesentlich
aggressiver - gegen alle: Gegen Tier und Mensch. |
Die Geburt - Eltern entsorgen die Eischalen |
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1. Tag |
2. Tag (Früh) |
2. Tag (Abend) |
▲ Das Duell
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Amsel gegen Krähe |
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Stundenlanges Gezeter gab es zu hören, weil die Amseln
versuchten, die Krähen zu vertreiben, die unweit ebenfalls
brüteten.
Diese ließen sich jedoch weder von der
Lautstärke noch von dem Geflattere beeindrucken. Sie
rührten sich nicht mal vom Fleck und schienen die Methode "Nicht
einmal ignorieren" zu verfolgen.
Auch die Bewegungen am Balkon wurden nun genauer verfolgt.
Fotos von den Küken zu machen war mir nur mehr möglich,
nachdem ich mich mehrfach vergewissert hatte, dass kein Elternteil
in der Nähe ist.
Sie flogen nämlich nun heftigste Scheinangriffe,
wenige Zentimeter über meinen Kopf hinweg. Da kann
man ganz schön
erschrecken! |
Amselattacken gegen die Krähen |
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Nahe kommen ließen mich die Eltern in ihrer Anwesenheit
nur beim Blumengießen. Wie schon am Beginn, verhielten
sie sich dann einfach ganz ruhig, bis ich fertig war.
Der Wein
ist ja so dicht, dass ich gar nicht immer sehen konnte, "ob
jemand zu Hause ist". Beide Elternteile brachten abwechselnd Futter. Meist Insekten,
später auch Beeren. Das Nest war ganz selten nicht besetzt,
wenn, dann meist in der Früh oder am späteren Nachmittag.
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gestresster Vater |
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Sie kamen oft mit einem ziemlichen Karacho angeflogen
und einmal schaffte das Männchen nicht mehr die Kurve,
flog in meine Wohnung hinein, durch alle Zimmer hindurch
bis in die Küche. Dort drehte er um, verfehlte aber
leider den Ausgang (die Balkontür) und krachte gegen
ein geschlossenes Fenster.
Danach fand er jedoch rasch die Tür - flog davon und
kam sehr, sehr, sehr lange nicht mehr wieder. So lange, dass
ich mir schon Gedanken machte und zur Amsel-Mama meinte: "So
schnell kann man zur Alleinerzieherin werden".
Sie hatte
die ganze Zeit mit hohen Pfeiftönen nach ihm gerufen
gehabt. Und dann war er wieder da: Mit Futter im Schnabel!
Ende gut - alles gut! |
Zusammenstoß mit der Fensterscheibe |
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Um so einen Wohnungsflug in Zukunft zu vermeiden, hing
ab dann der Vorhang vor der Balkontür. |
▲ Fütterung
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Vogelküken sind wie Menschenbabies. Die erste Zeit tun
sie nichts anderes als schlafen oder (fr)essen. Nachdem sie
schlüpften waren sie am schwersten zu knipsen, weil sie sich
pausenlos, wenn auch ganz leicht und wenig bewegten. Dabei
gaben sie hin und wieder leise Fiepstöne von sich.
Kamen die Eltern zur Futtergabe, wurden diese Töne etwas
lauter - und schon einige Tage später war es heftigstes Gezwitscher.
Was allerdings ein Unterschied zu Menschenkindern ist: Sobald
die Küken merkten, jetzt gibt es keine Nahrungsnachschub
mehr, hörten sie auf zu schnattern. Wie auf Knopfdruck
schlossen sie ihre Schnäbel und sanken zurück in den Schlaf. |
"Hunger!" |
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Anfangs wurden die Hungrigen mit kleinen Insekten und
Würmern gefüttert, mit der Zeit brachten die Eltern auch
Beeren und andere Früchte.
Wenn ein Käfer zu groß war, versagte offenbar der Schluckreflex
bei den Jungen. Es wurde noch ein paar Mal probiert, ob er
nicht doch in einen der Schnäbel reinpasst, dann fraßen ihn
die Eltern selber.
Einmal bekam ein Küken einen Regenwurm, der sicher ca. 10
cm lang war. Es würgte und schluckte, würgte und schluckte
und dann stand immer noch ein Stück von ca. 2 cm aus dem
Schnabel heraus.
Diese Regenwurmschwanzspitze drehte sich
noch eine ganze Weile im Kreis....bis auch sie verschwand. |
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Sie können den Hals nicht voll kriegen. |
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Die Kerne von Beeren und Früchten wurden
von den Eltern regelmäßig durch Auffressen entsorgt,
genauso wie der gesamte Kot der Brut. Das Nest war immer "sauber". |
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Hitzewelle
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"Sonnenschirm-Mama" |
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Als die Küken schlüpften, begann die Hitzeperiode
mit Höchstwerten
bis zu 40 Grad. Kühlung verschafften sich die Vögel
durch das
Öffnen des Schnabels und Hecheln.
Noch immer blind, streckten sie die Köpfe
in die Höhe, vielleicht in der Hoffnung, eine sanfte
Windbrise abzukriegen. Ich stellte neben das Nest ein kleines
Wasserschüsserl,
welches jedoch nicht in Anspruch genommen wurde.
Ungefähr eine Stunde am Tag lag das Nest ungeschützt von Blättern
in der prallen Sonne. In dieser Zeit dienten entweder Papa
oder Mama als Sonnenschirm. Dabei standen sie auf dem Nestrand
(sie können die Beine ganz schön weit spreizen) und harrten
stoisch aus. |
40 ° im Schatten |
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ausgewandert - zu heiß im Nest! |
Krallen bieten festen Halt |
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Turnstunden
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Die Welt (=Balkonkistl) wird erforscht |
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Je mehr Tage vergingen, umso reger wurden die Jungen.
Der Flaum auf den Köpfen verschwand langsam, die Schnabelform
veränderte sich.
Jedes Mal, wenn Futter kam, reckten sie
nicht nur mehr die Hälse empor, sondern schlugen dabei
auch mit den Flügeln. Was ja den Vorteil hat, dass man noch
ein kleines Stückchen höher kommt. Dann begannen sie zwischen dem Astwerk des wilden Weins
hin und her zu turnen, sie hüpften aus dem Nest hinein und
wieder heraus.
Wenn eines daneben
saß, wenn die Eltern mit Futter kamen, ging es meistens
leer aus. Um das zu vermeiden, war jedes Mal ein Trubel,
denn alle stürzten sich Richtung Nahrungsquelle. |
Der Flaum verschwindet ... |
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Das größte Vögelchen traute sich hoch hinaus
und hatte offenbar keine Angst vor einem Sturz (immerhin ist
mein Balkon im 3. Stock).
Ein anderes suchte sich immer das
Plätzchen bei der "Astgabel" - wo es sich im
wahrsten Sinne des Wortes hineinsetzte. Jedenfalls war unter
Tags im Nest jetzt mehr Platz.
Abends kuschelten sie sich alle
wieder zusammen, wurden von den Eltern in den Schlaf gesungen
(nicht wirklich!) und auch die Nacht über bewacht. |
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... die Schnabelform verändert sich |
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bequem: Astgabel als Sitzfläche |
mutig: hoch oben im dünnen Geäst |
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kühl: auf der feuchten Erde neben dem Wasserschüsserl |
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Ausgeflogen
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Eines Tages war vormittags eines der Jungen ausgeflogen
(11. Tag nach Schlupf).
Unbemerkt und lautlos.
Mehrmals suchte ich das Kistl
ab und zählte jedoch immer nur drei Vögel. Die Eltern
kamen weiterhin mit Futter, schienen nicht beunruhigt, alles
ging seinen gewohnten Lauf.
Am nächsten Tag zogen zwei weitere
hinaus in die Welt und nur das jüngste und kleinste
blieb zurück.
Ganz allein.
Denn auch die Eltern kamen nicht mehr zum Füttern.
Sie saßen auf dem Baumast gegenüber des Balkons
und schienen das Kleine zu rufen.
Die Nacht brach an, das kleine
flauschige Knäuel rief.. Niemand kam. |
Nesthocker: hungrig und allein in der
dunklen Nacht |
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Der Nesthocker segelt hinaus in die Welt. |
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Am nächsten Tag hatte es wohl genug vom Alleinsein
gehabt, packte all seinen Mut zusammen und stürzte sich
Richtung Baum. Der ist aber gut 15 Meter weit weg.
Den ersten Ast verfehlte es, den zweiten - schon etwas
tiefer gelegen - ebenfalls. Dann segelte es Richtung Gehsteig
und knallte dort gegen ein dort geparktes Auto auf Höhe
der Türschnalle und prallte zu Boden.
Dort liegen geblieben, rührte es sich nicht mehr.
Ich sah lange hin. Sehr lange. Dann holte ich den Fotoapparat
um ein Foto von der Leiche für den Partezettel "Tragischer
Unfalltod durch Genickbruch" zu knipsen.
Als ich jedoch
unten ankam, war die vermeintliche Leiche verschwunden! |
alles ausgeflogen - das Nest ist leer |
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Meine Sorgen waren alle umsonst gewesen. Schon tags darauf
sah ich in der Wiese das Kleine in der Wiese hinter dem Vater
herhüpfen.
Jetzt wurde es auch wieder gefüttert. Dazwischen flatterte
es kleinere Strecken. Und wenn der Vater wegflog, verschwand
es immer gleich unter der Hecke. Ein
Monat lang durfte ich das Werden von Leben beobachten.
Wenn mich die Amseln
im nächsten Frühling wieder aus dem Schlaf reißen
werden (sie beginnen ihren Gesang noch vor Morgengrauen!!
und es hallt im Hof wie wenn ein Flugzeug vorbeiflöge),
werde ich mich nicht mehr so kritisch über sie äußern. |
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Ob sie nächstes Jahr wieder hier brüten werden? |
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