Home

Führungen

 

Bezirke Wiens

Bildergalerie

Brunnen

Denkmäler

Diverses

Ehrengräber

Facebook

Friedhöfe

Gedenktafeln

Kaffeehäuser

Palais

Personenkunde

Ringstraße

Rund um Wien

Sagen, Mythologie

Quiz

Zentralfriedhof

Links

 

Über mich

Gästebuch

Suche

Kontakt,
Impressum

Home | Allerlei | Garten-Index | Balkon - Amselnest

Ein Amselnest im Blumenkkistl am Balkon

 
Amseln erblickten das Licht der Welt im Blumenkistl am Balkon

Nestbau

Wilder Wein im Blumenkistl ...
und ein Amselnest.

Im Juli 2013 staunte ich nicht schlecht, als ich am Balkon eines Tages beim Gießen ein Vogelnest im wilden Wein entdeckte. Nest war es ja noch keines, nur der Ring war gebaut. Am nächsten Tag folgte der Boden, dann war es fertig.

Sowohl Männlein wie Weiblein brachten Nistmaterial. Nicht nur "natürliches", auch viel "Klumpert" war dabei, wie z.B. Zellophanstreifen von Zigarettenpackungen.

Nun ist es nicht so, dass mein Balkon nicht benutzt wird. Im Gegenteil. Die beiden haben mich zwar immer wieder beäugt, ließen sich aber in keinster Weise stören. Wenn sie beim Gießen da waren, blieben sie einfach still sitzen, bis ich fertig war. Dennoch hielt ich mich ab da an ein weniger oft am Balkon auf als sonst üblich.

Wir beäugen uns gegenseitig.
 
Die Amseln ließen sich durch mein Balkon-"Innenleben" nicht stören.

Brut - Geburt

Zwei Tage nach dem Nestbau legte die Amsel zwei Eier. Ich sah sie im Hof herumfliegen, aber am Nest hielt sie sich nicht auf. Von Brüten keine Spur.

Gleich nachgelesen sagte wiki "Amseln beginnen erst ab der dritten Eiablage mit der Brut". Und genauso war es: Am nächsten Tag in der Früh lagen drei Eier drinnen, und ab da saß (meist) das Amselweibchen am Nest. Am Abend war das vierte Ei da.

Demnach sind die Kücken auch nicht gleichzeitig geschlüpft. Das Knacksen der aufbrechenden Eier war deutlich zu hören. 14 Tage hatten die Amseleltern das Nest bebrütet und behütet gehabt.

Ab dem Moment der Geburt wurden die sie dann wesentlich aggressiver - gegen alle: Gegen Tier und Mensch.

Die Geburt - Eltern entsorgen die Eischalen
 
1. Tag
2. Tag (Früh)
2. Tag (Abend)

 

Das Duell

Amsel gegen Krähe

Stundenlanges Gezeter gab es zu hören, weil die Amseln versuchten, die Krähen zu vertreiben, die unweit ebenfalls brüteten.

Diese ließen sich jedoch weder von der Lautstärke noch von dem Geflattere beeindrucken. Sie rührten sich nicht mal vom Fleck und schienen die Methode "Nicht einmal ignorieren" zu verfolgen.

Auch die Bewegungen am Balkon wurden nun genauer verfolgt. Fotos von den Küken zu machen war mir nur mehr möglich, nachdem ich mich mehrfach vergewissert hatte, dass kein Elternteil in der Nähe ist.

Sie flogen nämlich nun heftigste Scheinangriffe, wenige Zentimeter über meinen Kopf hinweg. Da kann man ganz schön erschrecken!

Amselattacken gegen die Krähen
 

Nahe kommen ließen mich die Eltern in ihrer Anwesenheit nur beim Blumengießen. Wie schon am Beginn, verhielten sie sich dann einfach ganz ruhig, bis ich fertig war.

Der Wein ist ja so dicht, dass ich gar nicht immer sehen konnte, "ob jemand zu Hause ist".

Beide Elternteile brachten abwechselnd Futter. Meist Insekten, später auch Beeren. Das Nest war ganz selten nicht besetzt, wenn, dann meist in der Früh oder am späteren Nachmittag.

 
gestresster Vater

Sie kamen oft mit einem ziemlichen Karacho angeflogen und einmal schaffte das Männchen nicht mehr die Kurve, flog in meine Wohnung hinein, durch alle Zimmer hindurch bis in die Küche. Dort drehte er um, verfehlte aber leider den Ausgang (die Balkontür) und krachte gegen ein geschlossenes Fenster.

Danach fand er jedoch rasch die Tür - flog davon und kam sehr, sehr, sehr lange nicht mehr wieder.

So lange, dass ich mir schon Gedanken machte und zur Amsel-Mama meinte: "So schnell kann man zur Alleinerzieherin werden".

Sie hatte die ganze Zeit mit hohen Pfeiftönen nach ihm gerufen gehabt. Und dann war er wieder da: Mit Futter im Schnabel! Ende gut - alles gut!

Zusammenstoß mit der Fensterscheibe
 

Um so einen Wohnungsflug in Zukunft zu vermeiden, hing ab dann der Vorhang vor der Balkontür.

 

Fütterung

Vogelküken sind wie Menschenbabies. Die erste Zeit tun sie nichts anderes als schlafen oder (fr)essen. Nachdem sie schlüpften waren sie am schwersten zu knipsen, weil sie sich pausenlos, wenn auch ganz leicht und wenig bewegten. Dabei gaben sie hin und wieder leise Fiepstöne von sich.

Kamen die Eltern zur Futtergabe, wurden diese Töne etwas lauter - und schon einige Tage später war es heftigstes Gezwitscher.

Was allerdings ein Unterschied zu Menschenkindern ist: Sobald die Küken merkten, jetzt gibt es keine Nahrungsnachschub mehr, hörten sie auf zu schnattern. Wie auf Knopfdruck schlossen sie ihre Schnäbel und sanken zurück in den Schlaf.

"Hunger!"
 
3. Tag
4. Tag
5. Tag

Anfangs wurden die Hungrigen mit kleinen Insekten und Würmern gefüttert, mit der Zeit brachten die Eltern auch Beeren und andere Früchte.

Wenn ein Käfer zu groß war, versagte offenbar der Schluckreflex bei den Jungen. Es wurde noch ein paar Mal probiert, ob er nicht doch in einen der Schnäbel reinpasst, dann fraßen ihn die Eltern selber.

Einmal bekam ein Küken einen Regenwurm, der sicher ca. 10 cm lang war. Es würgte und schluckte, würgte und schluckte und dann stand immer noch ein Stück von ca. 2 cm aus dem Schnabel heraus.

Diese Regenwurmschwanzspitze drehte sich noch eine ganze Weile im Kreis....bis auch sie verschwand.

 
Sie können den Hals nicht voll kriegen.
Die Kerne von Beeren und Früchten wurden von den Eltern regelmäßig durch Auffressen entsorgt, genauso wie der gesamte Kot der Brut. Das Nest war immer "sauber".

Hitzewelle

 

6. Tag
7. Tag
8. Tag
"Sonnenschirm-Mama"

Als die Küken schlüpften, begann die Hitzeperiode mit Höchstwerten bis zu 40 Grad. Kühlung verschafften sich die Vögel durch das Öffnen des Schnabels und Hecheln.

Noch immer blind, streckten sie die Köpfe in die Höhe, vielleicht in der Hoffnung, eine sanfte Windbrise abzukriegen. Ich stellte neben das Nest ein kleines Wasserschüsserl, welches jedoch nicht in Anspruch genommen wurde.

Ungefähr eine Stunde am Tag lag das Nest ungeschützt von Blättern in der prallen Sonne. In dieser Zeit dienten entweder Papa oder Mama als Sonnenschirm. Dabei standen sie auf dem Nestrand (sie können die Beine ganz schön weit spreizen) und harrten stoisch aus.

40 ° im Schatten
 
ausgewandert - zu heiß im Nest!
Krallen bieten festen Halt

Turnstunden

9. Tag
10. Tag
11. Tag
Die Welt (=Balkonkistl) wird erforscht

Je mehr Tage vergingen, umso reger wurden die Jungen. Der Flaum auf den Köpfen verschwand langsam, die Schnabelform veränderte sich.

Jedes Mal, wenn Futter kam, reckten sie nicht nur mehr die Hälse empor, sondern schlugen dabei auch mit den Flügeln. Was ja den Vorteil hat, dass man noch ein kleines Stückchen höher kommt.

Dann begannen sie zwischen dem Astwerk des wilden Weins hin und her zu turnen, sie hüpften aus dem Nest hinein und wieder heraus.

Wenn eines daneben saß, wenn die Eltern mit Futter kamen, ging es meistens leer aus. Um das zu vermeiden, war jedes Mal ein Trubel, denn alle stürzten sich Richtung Nahrungsquelle.

Der Flaum verschwindet ...
 

Das größte Vögelchen traute sich hoch hinaus und hatte offenbar keine Angst vor einem Sturz (immerhin ist mein Balkon im 3. Stock).

Ein anderes suchte sich immer das Plätzchen bei der "Astgabel" - wo es sich im wahrsten Sinne des Wortes hineinsetzte. Jedenfalls war unter Tags im Nest jetzt mehr Platz.

Abends kuschelten sie sich alle wieder zusammen, wurden von den Eltern in den Schlaf gesungen (nicht wirklich!) und auch die Nacht über bewacht.

 
... die Schnabelform verändert sich
bequem: Astgabel als Sitzfläche
mutig: hoch oben im dünnen Geäst
kühl: auf der feuchten Erde neben dem Wasserschüsserl

Ausgeflogen

Eines Tages war vormittags eines der Jungen ausgeflogen (11. Tag nach Schlupf).
Unbemerkt und lautlos.

Mehrmals suchte ich das Kistl ab und zählte jedoch immer nur drei Vögel. Die Eltern kamen weiterhin mit Futter, schienen nicht beunruhigt, alles ging seinen gewohnten Lauf.

Am nächsten Tag zogen zwei weitere hinaus in die Welt und nur das jüngste und kleinste blieb zurück. Ganz allein.

Denn auch die Eltern kamen nicht mehr zum Füttern. Sie saßen auf dem Baumast gegenüber des Balkons und schienen das Kleine zu rufen.

Die Nacht brach an, das kleine flauschige Knäuel rief.. Niemand kam.

Nesthocker: hungrig und allein in der dunklen Nacht
 
Der Nesthocker segelt hinaus in die Welt.

Am nächsten Tag hatte es wohl genug vom Alleinsein gehabt, packte all seinen Mut zusammen und stürzte sich Richtung Baum. Der ist aber gut 15 Meter weit weg.

Den ersten Ast verfehlte es, den zweiten - schon etwas tiefer gelegen - ebenfalls. Dann segelte es Richtung Gehsteig und knallte dort gegen ein dort geparktes Auto auf Höhe der Türschnalle und prallte zu Boden.

Dort liegen geblieben, rührte es sich nicht mehr. Ich sah lange hin. Sehr lange. Dann holte ich den Fotoapparat um ein Foto von der Leiche für den Partezettel "Tragischer Unfalltod durch Genickbruch" zu knipsen.
Als ich jedoch unten ankam, war die vermeintliche Leiche verschwunden!

alles ausgeflogen - das Nest ist leer
 

Meine Sorgen waren alle umsonst gewesen. Schon tags darauf sah ich in der Wiese das Kleine in der Wiese hinter dem Vater herhüpfen.

Jetzt wurde es auch wieder gefüttert. Dazwischen flatterte es kleinere Strecken. Und wenn der Vater wegflog, verschwand es immer gleich unter der Hecke.

Ein Monat lang durfte ich das Werden von Leben beobachten.

Wenn mich die Amseln im nächsten Frühling wieder aus dem Schlaf reißen werden (sie beginnen ihren Gesang noch vor Morgengrauen!! und es hallt im Hof wie wenn ein Flugzeug vorbeiflöge), werde ich mich nicht mehr so kritisch über sie äußern.

 
Ob sie nächstes Jahr wieder hier brüten werden?