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Wie der Friedhof zu meinem Steckenpferd wurde

Zentralfriedhof bedeutete für mich Begräbnis und Leichenschmaus


Ich bin ein echter Wiener. Das, was er vor der Haustür hat, kennt er nicht. Oder nur so weit, als er damit zu tun hat. Das war bei mir mit dem Zentralfriedhof genauso. Natürlich wusste ich, dass es ihn gibt, natürlich war ich auch schon bei Begräbnissen draußen, aber da ist man ja in einer so emotionalen Stimmung, dass man von der Friedhofsanlage gar nichts mitbekommt.

Zudem finden die meisten Aufbahrungen in der Halle 3 statt, welche den gesamten rückwärtigen Teil des Friedhofes abdeckt. Der direkte Weg dorthin führt weder an den Ehrengräbern, noch an der imposanten Kirche vorbei.

 
Es gab Kurzbesuche bei Beethoven, Mozart und Schubert

Als ich Fremdenführerin wurde, lernte ich den Friedhof schon genauer kennen, aber nicht wirklich, denn im Rahmen einer Stadtrundfahrt ist – wenn überhaupt – nur kurze Zeit vorgesehen für die wichtigsten Ehrengräber, einen Blick in die Kirche, bzw. die obligate WC-Pause. Und allzu oft war ich auch nicht dort, die meisten Aufträge dieser Art gehen an Kollegenn, die auf asiatisch führen.

Unsere Gäste aus Fernost liegen in der Besucherstatistik wahrscheinlich an erster Stelle, ganz sicher sind sie auf jeden Fall diejenigen, welche die meisten Blumen auf die Gräber der großen Musiker legen. Bei Beethoven pflanzt man aus diesen Gründen keinen Rasen mehr neben dem Blumenrabatt, weil dieser - als direkter Weg zur Grabplatte - immer niedergetreten war. Die Friedhofsgärtner haben eine gute Lösung gefunden: sie streuen dort jetzt Rindenmulch.

Durchs Fotografieren entdeckte ich die Vielseitigkeit des Friedhofes

Doch wie wurde der Zentralfriedhof zu meinem meinem Steckenpferd? Begonnen hatte das mit der digitalen Fotografie. Ich besaß natürlich auch so ein neumodisches Ding und am meisten faszinierte mich die die riesige Speichermöglichkeit. Man konnte auf einmal tausende "unnötige" Fotos machen, die eigentlich nichts kosteten! Ich denke, es war Zufall, dass ich damals etliche Fotos der Ehrengräber rund um Beethoven machte. Und dann begab ich mich auf die Suche nach den anderen, eher abseits liegenden Ehrengräbern.

So durchwanderte ich viele Stunden und Tage den Friedhof, und erlebte dabei die unterschiedlichsten Wetterstimmungen. Das Wechselspiel zwischen den Farben des weiten Himmels mit seinen Wolkengebilden und den kontrastierenden Baumalleen mit ihren verschiedenen Blattfärbungen, dazwischen stimmungsvolle rostige Grablaternen oder „zu Tode betrübte“ Frauenstatuen – all das fasziniert mich bis heute.

Auf den Spuren Hans Pemmers lernte ich viel über den Friedhof

Was macht man mit so vielen Fotos? Man stellt sie ins Internet. Dazu gehört allerdings auch ein wenig Text. Also begab ich mich auf Quellenforschung in die Archive im „Gasometer D“ (dem Wiener Stadt- und Landesarchiv), im Rathaus und in den Bibliotheken.

Es gibt Publikationen über die Ehrengräber, seit kurzem auch gratis in digitaler Form als Service der Friedhofsverwaltung, und es gibt eine kunstgeschichtliche Abhandlung aus dem Jahr 1924 von meinem heimlichen "Hero" Hans Pemmer (1886 - 1972). Ein Heimatforscher, dem wahrlich zu Recht ein Ehrengrab in der Gruppe 40 zuerkannt wurde.

Ich traf jede Menge interessante Leute am Zentralfriedhof

Wer forscht, fragt. Und so lernte ich viele Menschen kennen, die am Zentralfriedhof arbeiten. Gärtner, Totengräber, Portiere, Verwaltungsangestelle, die Chauffeure der friedhofseigenen Buslinie und Mitarbeiter der 'Steinpartie' (jährlich werden Tonnen von Steinen 'entsorgt').

Und ich machte auch Bekanntschaft mit etlichen Friedhofexperten. Alle männlich. Das kommt wahrscheinlich so: Diese Herren betreuen gärtnerisch ein oder meist mehrere Familiengräber. Nach getaner Arbeit "strawanzen" sie noch ein wenig herum (während Frauen heimgehen und dort weiterarbeiten). Sie sind also oft vor Ort, halten immer Augen und Ohren offen und sie haben geschichtliches Interesse mit verschiedensten Schwerpunkten.

Eines ist ihnen allen gemein: sie kennen sich am Friedhof gut aus, machen gerne Bewegung und sind sehr kommunikativ: Touristen, die mit Fragen auf sie treffen, haben Glück! Diese - inzwischen - Freundschaften erwiesen und erweisen sich für mich als unbezahlbare Quellen und als die besten Begleiter auf meinen Forschungs-Rundgängen. Denn die Ehrengräber waren längst nicht mehr interessant: Die wirklichen Schmankerln sind die nicht verzeichneten Gräber von Persönlichkeiten ohne Ehrengrabstatus und auch die kunstgeschichtlichen Höhepunkte, deren Zahl nicht minder ist.

Ich begann meine Führungen Kunden anzubieten.

Eines Tages wurde ich gefragt, ob ich nicht die Ausbildung der Fremdenführer am Zentralfriedhof übernehmen möchte. So begann ich brauchbare "touristische" Routen zusammenzustellen. Und dann auch solche etwas abseits der üblichen Pfade. Und all diese Führungen mache ich bis heute mit viel Spaß, Freude und netten Gästen. Und auch einige neue sind hinzugekommen, so auch aus aktuellen Anlässen wie der Wotruba-Ausstellung im 21er-Haus. Damit wurde die moderne Kunst zu einem Thema. Der Zentralfriedhof bietet wahrlich viele Themen.

Die bei mir am seltensten angefragte Führung ist: "Vergessene und unvergessliche Frauen". Für Hospizangestellte bzw. Auszubildende in jeglicher Krankenpflege wird öfters die interkonfessionelle Führung "Juden, Christen und Buddhisten" gebucht. Weil viele das erste Mal kommen, ist naturgemäß eine Überblicksführung "Beethoven bis Falco" am meisten gefragt. Zu 99 Prozent habe ich nur deutschsprachige Kunden.

Ich pflege privat zwei Gräber, die aufgelassen hätten werden sollten.

Mein berufliches Engagement auf der Totenstätte hat dazu geführt, dass ich mich privat um zwei Gräber kümmere, die aufgelassen hätten werden sollen (General Franz Philippovic, Katharine Wasgehtsdichan). Beide waren zwar auf Friedhofsdauer zugelassen, aber die Steine wurden wackelig und so wären die Grabstätten wegen Gefährdung der Sicherheit abgetragen worden.

So beauftragte ich einen Steinmetz, für die bauliche Instandsetzung zu sorgen und habe seither auch die gärntnerische Pflege übernommen (Testgrab Philippovic: Was wächst ohne gießen? - Fette Henne!). Damit wurden die Aufhebungsgründe obsolet und man kann davon ausgehen, dass die beiden Grabstätten noch viele Jahre bestehen bleiben.

Ich mache "Führungen mit der Gartenschere" am jüdischen Teil

Auch am jüdischen Friedhof lege ich mit der Gartenschere Hand an. In Zusammenarbeit mit der VHS Hietzing mache ich vier Mal im Jahr eine Gratis-Kurzführung zu verschiedenen Themen am Tor 1, ungefähr eine Stunde, danach schneiden die Teilnehmer den Efeu von den Grabstätten, um zumindest die Inschriften lesbar zu halten. (Wichtiger als die Schere ist allerdings die Malerspachtel, um die Grünpflanzen vom Stein zu lösen.)

Die hier Begrabenen wurden für mich erst durch zwei Bücher "lebendig". Beide waren für mich äußerst spannend zu lesen gewesen: Roman Sandgruber, "Traumzeit für Millionäre" und Georg Gaugusch: "Wer einmal war". Daraus entstand die Führung: "Millionäre, Mäzene, Hoflieferanten".

 
Ich mag Begegnungen mit der wilden Tierwelt.

In den dort verwilderten Teilen am jüdischen Friedhof ist so manches Reh zu erspähen, und weil die Tiere an die für sie harmlosen Besucher gewöhnt sind, ist es auch gar nicht so schwierig, zu einem guten Foto zu kommen. Die Größe eines vorbeihoppelnden Hasens kann überraschen, aufschreckende Fasane geben furchterregende Töne von sich und die Katzenmutter bringt ihre Jungen in Relikten des Weltkrieges zur Welt – in aufgetürmten Steinhaufen von Grabsteinen, die durch Bombentreffer beschädigt wurden und nicht mehr zuordenbar sind.

Die Tierwelt trifft man aber überall am Friedhof an. So habe ich schon um zehn Uhr vormittags einen Fuchs vor der Lueger-Kirche vorbeilaufen sehen. Und den Falken, den man in der Universum-Sendung sieht, den gibt es wirklich. Er wohnt tatsächlich in der Glockenstube. Für den Film hatte man allerdings einen dressierten Vogel herangezogen. Der vom Zentralfriedhof weigerte sich nämlich, die Baumallee entlangzufliegen, wie es im Drehbuch vorgesehen war.

Am meisten mag ich die Begegnung mit Menschen

Für mich ist der Friedhof ein Ort der Begegnungen mit Menschen aus Wien und aller Welt. Viele sind mit in guter Erinnerung geblieben. Und oft habe ich wieder dazulernen dürfen, was mich immer besonders freut. Ob Schüler, Kirchenchor oder Betriebsausflügler: ich freue mich, jedem diese Wiener Sehenswürdigkeit näher zu bringen.

 
   

 

Link: Führungen am Zentralfriehof

Seite erstellt Nov. 2015