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Alfons Thorsch
Bankier, 1872 - 1945

 

Alfons Thorsch
Bankier, 1872 - 1945

Zentralfriedhof, Tor 1, Gruppe 7, Reihe 1, Nr. 2
Grabmal: Carl König, Architekt

Die Auslöschung - Der Fall Thorsch

Bei meinen Führungen am jüdischen Friedhof Tor 1 ist das Grab der Familie Thorsch ein Fixpunkt.
Obwohl keiner meiner Gäste den Namen je gehört hat, oder - vielleicht gerade deswegen.

Die jüdische Bankiersfamilie Thorsch zählte einst zu den reichsten Kreisen. Als die Nazi-Welle anrollte, überwies Alphons Thorsch sein Geld ins Ausland. Aber nicht als Privatperson, sondern als Bankinstitution.

Als die Nazis kamen, plünderten sie alles was noch möglich war und vertrieben die Famile. Diese verschlug es nach Kanada, wo sie bis heute lebt. Nach dem Krieg konnten sie ihr Geld aus dem Ausland jedoch nicht mehr zurückholen,weil sie dafür die österreichische Bankkonzession bräuchten.

Seit 1945 haben alle dafür zuständigen Politiker dies erfolgreich verhindert. Die letzte Ablehnung erfolgte unter Finanzminister Edlinger 1999.

Die Familie Thorsch wurde von den Nazis vernichtet, ihr Name von der österreichischen Republik ausgelöscht. Das Geld liegt bis heute in England und der Schweiz. 150 Millionen Euro. Die Erben kämpfen weiter.

Buch: Die Auslöschung, Der Fall Thorsch, Autor: Hubertus Czernin, Wien, Molden Verlag, 1998
ISBN 3854850190

Die Familiengeschichte

Die Familiengeschichte Thorsch begann in Prag. Zuerst handelten sie mit Schafwolle, dann stiegen dann als eine der ersten ins Zuckerexportgeschäft ein.

Im Zuge dessen gründeten sie um 1850 eine Bank. Alphonse (Alfons) Thorsch war 33 Jahre alt, als er Chef des Hauses wurde.

Schon bald spielte er auch auf der Börse eine Rolle. Er war von großer Statur und hagerer Gestalt. Schon als junger Mann hatte er sich einen Schnurrbart wachsen lassen.

Mit Marie (geb. Spitzer) gründete er eine große Familie - fünf Töchter wurden geboren: Clarisse, Henriette, Gabriele, Eva und Dorothea.

 
Alphonse und Marie Thorsch

Sie bewohnten gemeinsam mit dem Hauspersonal das ehemalige Palais Bratmann in der Metternichgasse Nr. 4 (heute chinesische Botschaft).

Die Diener trugen bei den Mahlzeiten der Herrschaft Livree, auf deren Silberknöpfen ein T für Thorsch eingraviert war. Es gab das Portiersehepaar, die Haushälterin, der Diener, der Hilfsdiener, die Köchin, das Küchenmädchen, die Gouvernante, die Kinderschwester, die Kammerfrau, zwei Stubenmädchen, ein Hilfsstubenmädchen, die Wäscherin und der Gärtner.

Im Stiegenhaus hingen italienische Tapisserien im Stiegenhaus und großformatige Ölgemälde in der Halle. Die Bibliothekswand war mit der gleichen Seide bespannt wie die Möbelbezüge.

Thorschs Empire-Schreibtisch stammte aus dem Besitz des ehemaligen Staatskanzlers Fürst Metternich. Es gab Gemälde von Larguilliere, Wouwermann und Vivien. Der Tanzsaal war in GoldWeiß gehalten. Im Boudoir hingen Gemälde österreichischer Meister, auch von Hans Makart.

Palais Thorsch - heute chinesische Botschaft
Das Thorsch'sche Haus (Grabenhof) wurde von den Nazis eingezogen.

Den Börsenkrach 1873 überstand das Bankhaus, auch den ersten Weltkrieg. Dann kam das Jahr 1938. Die Nazis schätzten das Privatvermögen der Familie Thorsch auf mehr als 7,2 Millionen Reichsmark. Allein die Alphonse und Marie Thorsch aufgezwungene „Reichsfluchtsteuer” betrug 1,8 Millionen Reichsmark.

Sie konnten über die Schweiz und England nach Kanada ausreisen. Die NSDAP beschlagnahmte alle Liegenschaften und Vermögen, auf die sie Zugriff hatten. Im Rahmen des 'Entjudungsverfahrens'wurde das Bankhaus in der Hohenstaufengasse Nr. 17 geschlossen (insgesamt waren davon 87 Privatbanken in Wien betroffen).

Der Großteil der Aktiva war allerdings als Bankguthaben bei amerikanischen, englischen, holländischen, französischen, schweizerischen, italienischen, tschechischen, ungarischen und spanischen Banken veranlagt. Die Nazis wollten an die Auslandskonten der Bank. Fast überall hatten sie Erfolg, nur nicht in England und der Schweiz.

Die letzten Kriegsjahre verbrachten die Thorschs im kanadischen Exil. Marie Thorsch, eine überaus talentierte Künstlerin, starb 61jährig am 24. August 1944.

Alphonse Thorsch überwand ihren Tod nie. „Mein Leben ist so gut wie abgeschlossen”, heißt es in einem Brief von November 1944: „Es war ihr ganz gewidmet, und ich habe keinen Lebenszweck mehr, es sei denn, dass ich unseren Kindern in diesen schweren Zeiten nach Möglichkeiten noch helfen möchte, wie es meine Pflicht ist.”

Ein Jahr später, am 30. November 1945, starb Alphonse Thorsch. Er wurde 73 Jahre alt.

In seinem letzten Lebensjahr hat Alphonse Thorsch einmal einen Bleistift in die Hand genommen, um ein Gedicht zu schreiben, das Österreich zugedacht war:

Grab Thorsch, Tor 1
 
 
Sechs Jahre sind wir in der Ferne
Getrennt von unserem Heimatland
Wie hatten wir doch alles gerne
Was uns seit je mit ihm verband.
Da kam von Nord der böse Geist
Der Neid und Missgunst nur gebar
Wie ein Orkan schmerzlich zerreißt
Was ewig fest verbunden war.
Mit Lügen und mit hohlen Thesen
Betrogen wird ein ganzes Land
Beginnt zu kämpfen und zu rasen
Verliert sein Herz und den Verstand