|
Home | Friedhöfe | Zentralfriedhof | Ehrengräber | Gruppe 33 G | Nr. 77, Adlmüller
Ehrengräber Gruppe 33 G
Zentralfriedhof
Der gelernte Koch konnte keinen Knopf
annähen
Der in Nürnberg geborene Hoteliersohn Fred Adlmüller
kam 1929 nach Wien. Der gelernte Koch sollte er hier
Erfahrungen sammeln, um daheim den väterlichen
Betrieb weiterführen zu können.
Doch entdeckte Alfred hier seine wahre Berufung.
Ladislaus Czettel, Ausstattungschef der Wiener Staatsoper,
hatte sein Talent erkannt und dem jungen Mann eine
Anstellung beim Modehaus Zwieback (Grab
Tor 1) verschafft.
Schnell errang er große Erfolge, die Stars
von Bühne und Oper wurden seine Kundinnen.
Zusätzlich arbeitete er auch für den Film und für
Operninszenierungen - er stattete Ljuba
Welitsch (Ehrengrab) für Strauss' "Salome" aus
und entwarf u. a. zahlreiche Filmkostüme für Willy Forst.
|
Schon bald wechselte er als Verkäufer
zum Modenhaus 'Tailors, Stone & Blyth' und begann
dort 1934 mit einer Haute-Couture-Kollektion.
Da der Eigentümer des Modehauses
Ignaz Sass als Jude nach London emigrierte, führte
Fred Adlmüller, der wehruntauglich war und nicht
einrücken musste, für ihn bis zu seiner Rückkehr
das Geschäft weiter.
In dieser Zeit gehörte die künstlerische,
politische und gesellschaftliche Prominenz zu seinen
Kunden - unter anderen: Emmy Göring, und Henriette
von Schirach. |
|
|
'Tailors, Stone & Blyth' in den
1930er-Jahren |
|
Nach dem Krieg kehrte der aus Galizien
stammende Sass mit seiner Frau Stefanie aus der Emigration
in England zurück.
Das arisierte Geschäft wurde zurückerstattet
und 1956 von Adlmüller nach dem Tod der kinderlosen
Eigentümer übernommen.
Damit hatte er nun sein eigenes Modehaus
im Palais Esterhazy in der Kärntner Straße
41 unter dem Namen "W. F. Adlmüller Ges.m.b.H." eröffnet. |
Geschäft "W.
F. Adlmüller" in der Kärntnerstraße |
"W." stand für
Wilhelm, ein Name, den er nie gemocht hatte. Schon als
Kind ließ er sich Fred nennen. |
Adlmüllers Damenmode wurde von Prominenten
aus dem In- und Ausland getragen, seine Opernballroben
waren berühmt. Soll die Tobisch mal zu ihm gesagt
haben: "Machst mir wieder eines deiner Nachthemden?" Er
war ganz empört und meinte: "Meine Liebste,
das sind Roben, Rooooben!" Adlmüller lieferte aber auch die
Staatsfräcke für die Bundespräsidenten
der 2. Republik und stattete einige Filme mit seinen
Kostümen aus. In Brüssel gewann er bei der Expo
1958 den Grand Prix für die beste Hostessenuniform.
Unter seinen Mitbewerbern war unter anderem auch Christian
Dior.
Zwischen 1973 und 1979 war Fred Adlmüller als ordentlicher Professor an der Hochschule für Angewandte Kunst tätig.
Als Designer des Vertrauens für eine glamouröse Kundinnenschar initiierte Adlmüller 1984 übrigens den in der Hofburg veranstalteten Modeball: "Seine Idee war es, jedes Jahr einen Modeball zu veranstalten – vielleicht schon eine Initiative in Richtung Lifeball". Gar nicht so abwegig, wenn man bedenkt, dass Adlmüller keine Berührungsängste mit einer jungen, durchaus wilden (Mode)Szene hatte.
Anläßlich seines 80. Geburtstags fand eine große Modegala im Spiegelsaal des Schlosses Schönbrunn statt, die die konkurrenzlose Eleganz dieses "letzten Klassikers" seines Genres unter Beweis stellte.
Präcise war eines seiner Lieblingswörter. Um „18 Uhr präcise“ begann jede seiner Modeschauen, und präcise hatte jedes Kleid zu sitzen.
Im gleichen Jahr starb er, bis kurz vor seinem Tod hatter er noch mit eisener Disziplin an seiner neuen Kollektion gearbeitet. |
In seinem letzten Willen verfügte
er die Gründung der "Fred-Adlmüller-Stipendien-Stiftung",
die 1993 an der Hochschule für angewandte Kunst
verwirklicht wurde.
So kommt ein großer Teil seines
Privatvermögens jungen Talenten zu Gute und half
DesignerInnen. Sein persönliche Nachlass wurde
am 1990 zugunsten des Malteser Ritterordens versteigert,
die Versteigerung der Modellkleider erfolgte am 1991.
Er wollte nie Mode diktieren, sondern
Frauen verschönern, betonte der Couturier Zeit
seines Lebens. Stets war ihm zuwider, "dass die
Mode eine solche Industrie geworden ist".
Er, der für Farben und Stoffe lebte,
den es schmerzte, "falsch" angezogene Frauen
zu sehen, konnte "nicht einmal einen Knopf annähen" -
der Träger des Goldenen Ehrenzeichens für
Verdienste um die Republik Österreich hatte solche
Kleinigkeiten nie gelernt. |
|
|
Grabstein Inschrift |
Sein Geschäft im Wiener
Palais Esterhazy in der Kärntner Straße 41
gab es noch mehr als zehn Jahre nach seinen Tod. Der
Rettungsversuch des Wäscheherstellers Palmers scheiterte
schlussendlich. Heute befindet sich dort das Casino Austria. |
Führungen am Zentralfriedhof
Hedwig Abraham
|
|