Dem Dramaturgen und Schriftsteller Joseph
Schreyvogel ist es zu danken, dass das Burgtheater zur ersten
Bühne des deutschen Sprachraums wurde. Er gehörte
der "Burg" als Hoftheatersekretär von 1814 bis 1832
an, entdeckte Grillparzer für das Haus und erneuerte
die Dramen Shakespeares, Goethes, Schillers und Calderöns.
Sein erzwungener Abgang vom Burgtheater hatte dramatische
Folgen.
Ottokar Graf Czernin - der offizielle, jedoch
ahnungslose Burgtheaterdirektor - hatte Schreyvogel aufgefordert,
einer jungen Schauspielerin eine bestimmte Rolle zu übertragen.
Als Schreyvogel, der die Dame für minder begabt hielt,
diesen Vorschlag zurückwies, verfügte Czernin
die sofortige Entlassung des 64-jährigen Dramaturgen.
Als er eines Morgens ahnungslos in sein
Büro kam, fand er dort sein Entlassungsdekret. Schreyvogl
hatte kaum Zeit, seine Papiere zusammenzuraffen. Gebrochen
wankte Schreyvogel die Treppe des Burgtheaters hinab -
es war ein nasskalter Frühlingstag, es regnete in
Strömen und Schreyvogel fiel ein, dass er seinen Überzieher
und seinen Regenschirm oben gelassen hatte.
Er stieg nochmals die Treppe hinauf, und
als er die Türe jenes Amtszimmers öffnete, in
welchem er durch volle achtzehn Jahre zum Ruhme des Burgtheaters
und seines Vaterlandes gewirkt hatte, entspann sich an
diesem 26. Mai 1832 in der Kanzlei das folgende Gespräch
zwischen ihm und einem Hofbeamten:
"Was wünschen Sie, Herr Schreyvogel?"
"Meinen Schirm und Überzieher."
"Die sollen Ihnen nachgeschickt werden, falls sie sich vorfinden sollten."
"Drüben in der Ecke sind sie."
"Das kann ich glauben oder nicht."
"Fragen Sie den Diener. Ich werde mich auf den Tod erkälten."
"Daran liegt uns nichts."
Schreyvogel wurde nicht eingelassen, er ging
ohne Schirm und Mantel heim und zog sich eine schwere Verkühlung
zu. Als er sich, erschöpft von Fieber und Aufregung,
nach einiger Zeit vom Krankenlager erhob, war er nur noch
ein Schatten seiner selbst."
Joseph Schreyvogel fiel, geschwächt
wie er war, zwei Monate nach dem "Hinauswurf" in seiner
Wohnung am Salzgries der Cholera zum Opfer.
(Quellen: Markus, Twaroch) |