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Home | Friedhöfe | Zentralfriedhof | Ehrengräber | Gruppe 14 A | Nr. 3, Weil

  Joseph Weil von Weilen
Historiker, Schriftsteller, 1830 - 1889

Joseph Weil von Weilen
Historiker, Schriftsteller, 1830 - 1889

Zentralfriedhof, Gruppe 14 A, Nr. 3
Künstler: Johannes Benk

Lageplan Gruppe 14 A

Josef von Weilen, 28. Dezember 1828 - 3. Juli 1889

Das Kronprinzenwerk am Zentralfriedhof

Er war Schauspieler (Maske), Dichter (Lorbeerzweig), gründete eine Schauspielschule (Lyra)
und war leitender Redakteur für das Kronprinzenwerk in deutscher Ausgabe (Buch)
 
Inhalt:
 
   

 

Herkunft: böhmische jüdische Familie

Josef Weil wurde in der Nähe von Prag geboren. Die jüdische Familie war arm und sein sehnlichster Wunsch, ins Gymnasium zu gehen, wurde nur durch die finanzielle Unterstützung der reichen Verwandtschaft möglich.

Aber dort lieferte Josef - außer in den Fächern Deutsch und Literatur - ganz und gar nicht die geforderten Leistung ab. Ein Schulkollege beschrieb ihn so: "Er war ein blasser, träumerischer, ungelenker Junge, dem nichts Rechtes in Aussicht stand."

Aufgrund der schlechten Schulnoten sollte Josef eine Lehre antreten. doch das war nicht in seinem Sinne. Er wollte Dichter und Schauspieler werden.

So verließ er sein Elternhaus und ging nach Wien. Den Lebensunterhalt und weiterführenden Studien verdiente er sich durch Nachhilfe.

Josef Weil von Weilen
 

Revolution 1848 - Weilen wird verhaftet

Da brach 1848 die Revolution gegen die Habsburger aus. Begeistert von der Idee, die Ketten der Zensur zu sprengen, soll der 18-jährige Josef mit seinen Studentenkollegen bei den Kämpfen dabei gewesen sein.

Als die Revolution niedergeschlagen war, suchte die Autorität die Aufständischen. Josef wurde verraten und verhaftet. Es stellte sich zwar seine Unschuld heraus, aber der Kaiser brauchte Soldaten. Zwangsrekrutierungen waren keine Seltenheit.

So wurde Josef strafweise zum Hoch- und Deutschmeisterregiment abkommandiert. Schon eine Stunde später fand er sich dort wieder - in Rekrutenuniform.

Er durfte nicht mal mehr nach Hause gehen, um seine Habseligkeiten oder Manuskripte zu holen - er schrieb damals schon Gedichte.

 
Relief Grabmal: Johannes Benk

Offizier, Geschichte- und Geografielehrer

Man möge es nicht glauben, aber Josef fügte sich hervorragend in das militärische System ein, machte Karriere, war schon ein Jahr später Oberst. Er war in den nächsten Jahren in verschiedenen Garnisonen in Ungarn stationiert, jede freie Minute nütze er zur Weiterbildung.

Als das Militär-Schulwesen reformiert wurde, und Lehrer sehr gesucht waren, hängte er das Gewehr an den Nagel und wurde Geographie- und Geschichtsprofessor am Kadetteninstitut in Hainburg, später dann am Genie-Institut in Znaim. Zitat Josef: "Wie ist mein Schicksal gut und milde, dass, wo ich andere bilden will, ich selbst mich kräftige und stärke."

Nie hatte von Weilen sein dichterisches Talent vernachlässigt, jetzt hatte er Zeit, dramatische Werke zu verfassen. Etliche Stücke wurden auch am Burgtheater gespielt (Tristan 1859, Heinrich von der Aue 1860). Wo Erfolg ist, lässt der Neid nicht lange auf sich warten. Die Soldatenkollegen begannen den Poeten anzufeinden: "Er wolle was Besseres sein."

Von Weilen, eh schon nicht mehr so begeistert vom Militär, weil er als Offizier nicht die Braut seiner Wahl heiraten dürfte, suchte bei einer persönlichen Audienz beim Kaiser Versetzung an. Weil sagte, er hätte gerne eine Stelle:"..an der ich mich literarisch weiterbilden, geistig streben und schaffen kann."

Grün überwuchert das Ehrengrab
 

Schriftsteller am Burgtheater, Schauspieler in der Josefstadt

Als Josef zurück in sein Quartier in Znaim kam, lag die Versetzung bereits auf seinem Tisch: Er war nun kaiserlicher Hofbibliothekar! So übersiedelte nach Wien, heiratete Marie, geb. Eyermann, und bekam zwei Söhne: Alexander (geb. 1863) und Karl (geb. 1866)

Durch seine Funktion hatte Josef Kontakt zur geistigen Elite der Stadt: Franz Grillparzer, Heinrich Laube, Friedrich Halm.

Anlässlich der Enthüllung des Prinz Eugen-Denkmals 1865 am Heldenplatz schrieb er das Bühnenstück ,Am Tage von Oudenaarde' (1708 hatte Prinz Eugen gemeinsam mit Herzog von Marlborough nahe der belgischen Stadt Oudenaarde die Franzosen besiegt).

So ,nebenbei' gründete von Weil die Schauspielschule am Wiener Konservatorium. Er hatte selbst in der Josefstadt auf der Bühne gestanden.

 
Prinz Eugen-Denkmal: Am Tage von Oudenaarde

hoch dekorierter Concordia-Präsident

Grab-Inschrift: Errichtet vom Journalisten- und Schriftstellerverein Concordia

1883 gab er die Stelle bei Hofe auf und wurde Präsident des Journalisten- und Schriftstellervereines Concordia. Als solcher sprach er die Grabrede von Friedrich Halm und unter seiner Leitung wurde Grillparzers Gesamtwerk veröffentlicht.

Dann betraute Erzherzog Rudolf den Geschichte- und Geografiekundigen mit der Leitung der österreichischen Redaktion des Kronprinzenwerkes (siehe unten). Josef von Weilen wurde vom Kaiser mehrfach ausgezeichnet, u. a mit dem Orden der eisernen Krone dritter Klasse, damit war auch die Erhebung in den Ritterstand verbunden.

Marie von Ebner-Eschenbach ist Helenes Tante

Dr. Karl von Weilen 1866 - 1920 (Sohn); Helene Weilen 1898 - 1987 (Enkelin)

Hier im Grab liegen noch seine Enkelin Helene Weilen, und sein jüngerer Sohn Karl begraben. Der andere Sohn Alexander verunglückte tödlich in den Salzburger Bergen. (Partezettel siehe unten)

Enkelin Helene wurde Kinderbuchautorin, in einem Nachlass im Rathausarchiv steht zu lesen, dass ihre Tante die Schriftstellerin Marie von Ebner-Eschenbach war. Über welches Familienmitglied dieses Verwandtschaftsverhältnis zustande kam, konnte ich trotz längerer Recherchen nicht ausfindig machen.

Quelle: Rathausarchiv, Nachlässe

Helenes Mutter Margarethe, geb. Kron, hatte eine Schwester: Alice, verheiratet mit dem jüdischen Rechtsanwalt Dr. Jakob Ornstein. (Partezettel unten)

Helene hatte zwei Töchter, sie führte auch den Namen Mandl-Weilen.

Die beiden Schriftsteller hatten sich allerdings guten Kontakt. Marie von Ebner-Eschenbach hatte Josef von Weilen durch ihren Mann Moritz kennengelernt. Der unterrichtete in Znaim an der gleichen Schule wie Weilen.

Zur Spendensammlung für die Errichtung des Schillerdenkmales schrieb Ebner-Eschenbach im Auftrag des Denkmalkomitees einen Einakter mit dem Titel 'Dr. Ritter'.

Gespielt wurde das Stück im Burgtheater, die Einnahmen gingen an das Komitee. Bevor sie diese Arbeit abgegeben hatte, zeigte die Dichterin Weilen das Werk und nahm seine Änderungsvorschläge dankbar an.

Die beiden verband eine lebenslange Freundschaft.

 
Schillerdenkmal: Einakter 'Der Ritter'

 

Das Kronprinzenwerk

Titelbild des Kronprinzenwerkes, Inschrift (links): Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild;
Inschrift rechts: Wien;

Das erste umfassende Lexikon der Monarchie kam um 1800 auf den Markt. Erst hundert Jahre später sollte die nächste Enzyklopädie erscheinen mit dem Titel "Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild". Texte und Bilder waren gleichberechtigt dargestellt.

Es war ein Monumentalwerk mit 24 Bänden mit insgesamt fast 13000 Seiten, 15 Jahren Entstehungszeit (1886 - 1902). Die originalen Bildvorlagen zu über 4.500 Illustrationen stammen von 264 Künstlern, die Texte und Korrespondenzen von insgesamt 432 Autoren aus allen Teilen der Monarchie.

Die Patronanz übernahm Erzherzog Rudolf, daher kommt der Name Kronprinzenwerk. Nach seinem Selbstmord 1889 übernahm seine Witwe, die belgische Prinzessin Stephanie, seine Position, bedacht mit allen Förderungen des Kaisers, der das Lexikon zum Prestigeprojekt erklärt hatte und an einer Fertigstellung sehr interessiert war.

24 Bände: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Nach Kronländern geordnet wurden die Völker (auch Juden und Zigeuner), Traditionen, Landschaften und Regionen der Donaumonarchie beschrieben (Wien: Band 1, Niederösterreich: Band 4, Oberösterreich und Salzburg Band 6, Steiermark Band 7, Kärnten und Krain Band 8, Tirol und Vorarlberg Band 13.)

Ein wichtiger Aspekt war, den Zusammenhalt der Völker untereinander zu stärken. Auszug aus dem Einleitungstext:

"Jene Volksgruppen, welche durch Sprache, Sitte und teilweise abweichende geschichtliche Entwicklung sich von den übrigen Volksbestandteilen abgesondert fühlen, werden durch die Tatsache, dass ihre Individualität Anerkennung findet, wohltätig berührt werden.

Dieselben werden dadurch aufgefordert, ihren geistigen Schwerpunkt in Österreich-Ungarn zu suchen." Link: Gesamte Einleitung

(Link: Naturdenkmal Anerkennungsbaum)
4500 Illustrationen: Heinrichshof

deutsche und ungarische Ausgabe

Kronprinz Rudolf, hatte auch Beiträge geliefert wie z.B. "Der Wienerwald", wobei er auch Mayerling erwähnte und "Die Donau-Auen von Wien bis zur ungarischen Grenze" im Band Niederösterreich.

Textauszug Niederösterreich (nicht von Rudolf): : ,. Die Grenzen Niederösterreichs sind: am Morgen Ungarn, zu Mittag das steirische Gebirge, am Abend Oberösterreich, zu Mitternacht Böhmen und Mähren. Niederösterreich ist geteilt ins Tullnerfeld, Steinfeld, Marchfeld und Genßfeld.'

Da die Ungarn auf einer eigenen Ausgabe in ungarischer Sprache bestanden, gab es dann auch zwei völlig getrennte Redaktionen, der deutschen stand Josef von Weilen vor, der ungarischen Maurus Jokai.

Kronprinz Rudolf war auch Autor
 

Die deutsche Ausgabe umfasst 24 Bände, die ungarische 21 Bände. Nur die deutsche Ausgabe wurde ein finanzieller Erfolg , in der ungarischen Ausgabe kommen gewisse antisemitische Äußerungen vor, die in der deutschen fehlen. (Anm.: Die oben angeführten Zahlen beziehen sich auf die deutsche Ausgabe).

Wie unkonventionell Kronprinz Rudolf im Gegensatz zu seiner Familie war, zeigt ein Brief an Josef von Weilen, in dem er zu einer Redaktionssitzung bittet und er schreibt: " .Kommen Sie morgen um 12 Uhr zum Frühstück. Selbstverständlich nicht im Frack!"

Vor allem seine Gattin Stefanie hatte für den legeren Umgangston Rudolfs kein Verständnis. Mitglieder der österreichischen Redaktion waren neben Josef von Weilen u. a. Hans Graf Wilczek, Nikolaus von Dumba, Alfred von Arneth.

Inhalt - Nummerierung der Bände

Das Kronprinzenwerk gibt es in verschiedenen Farben gebunden. In der Hofburg, im Audienzzimmer von Kaiser Franz Joseph, liegt eine grüne Ausgabe. Ein mir bekannter Historiker besitzt die rote Ausgabe.

Ob die Farbgebung einer Systematisierung unterliegt, weiß ich nicht. Im Netz fand ich folgendes: Band Wien grün, Band Niederösterreich rot, Band Ungarn grau, alle anderen Bände braun. Das kann nicht ganz stimmen, das obere Bild zeigt Ungarn grün gebunden.
Der Preis einer Gesamtausgabe, je nach Zustand, kostet derzeit ca. 2000 Euro.

Band 1:   Wien und Niederösterreich, 1. Abtheilung: Wien, 1886
Band 2:   Übersichtsband, 1. Abtheilung: Naturgeschichtlicher Theil, 1887
Band 3:   Übersichtsband, 2. Abtheilung: Geschichtlicher Theil, 1887
Band 4:   Wien und Niederösterreich, 2. Abtheilung: Niederösterreich, 1888
Band 5:   Ungarn, Band 1, 1888
Band 6:   Oberösterreich und Salzburg, 1889
Band 7:   Steiermark, 1890
Band 8:   Kärnten und Krain, 1891
Band 9:   Ungarn, Band 2, 1891
Band 10: Das Küstenland (Görz, Gradiska, Triest und Istrien), 1891
Band 11: Dalmatien, 1892
Band 12: Ungarn, Band 3, 1893
Band 13: Tirol und Vorarlberg, 1893
Band 14: Böhmen, Band 1, 1896
Band 15: Böhmen, Band 2, 1896
Band 16: Ungarn, Band 4, 1896
Band 17: Mähren und Schlesien, 1897
Band 18: Ungarn, Band 5, 1. Abtheilung, 1898
Band 19: Galicien, 1898
Band 20: Bukowina, 1899
Band 21: Ungarn, Band 5, 2. Abtheilung, 1900
Band 22: Bosnien und Hercegowina, 1901
Band 23: Ungarn, Band 6, 1902

Links:

Kronprinzenwerk digitalisiert Universität Michigan

Kronprinzenwerk digitalisiert Austrian Literature Online (Wien, NÖ, Geschichte)

Einleitungstext Kronprinzenwerk

Quellen:
Dr. Alexander Stollhof, Historiker
Nachlass Helene Weilen
Genealogie Helene Weilen
Internationales Germanistenlexikon, Band 1
Schillerdenkmal - Dr. Ritter
wikipedia Kronprinzenwerk
Wurzbach, Band 54, Bild 3
Werner Telesko Kronprinzenwerk;

Partezettel Familie von Helene

Alexander, in den Bergen abgestürzt, Vater von Helene
Alice, Tante mütterlicherseits von Helene
Ludwig, Großvater mütterlicherseits von Helene