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Robert Russ
Maler, 1847 - 1922
Ehrengrab
Zentralfriedhof, Gruppe 0, Reihe 1, Nr. 91
Inschrift:
Maler Robert Russ |
Link: wiki |
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Als Maler machte er die Wachau berühmt
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Der in Wien geborene Maler Robert Russ
entstammte einer böhmischen Malerfamilie.
Sein Vater war der Maler Franz Russ,
sein jüngerer Bruder der Porträt-
und Genremalers Franz Seraph Russ.
Robert stellte schon während seines Studiums an der Wiener Akademie
im Österreichischen Kunstverein aus.
Ab 1868 zählte er zu den Mitgliedern
des Wiener Künstlerhauses. 1870/71 sprang
er als supplierender Lehrer der Landschaftsklasse
an der Wiener Akademie für den pensionierten
Albert Zimmermann ein. Aus dieser Zeit stammen die
ersten Wachau-Ansichten, weshalb er als der
eigentliche Endecker dieser Maler-Landschaft
gilt.
Russ unterrichtete nur ein Jahr und begab
sich danach auf Studienreisen nach Italien,
Deutschland und die Niederlande. Vor allem
die Licht- und Farbstimmungen in Südtirol
ließen ihn seinen persönlichen
Malstil finden. Er suchte daher später
immer wieder die Wachau auf, wo er ähnliche
Stimmungen fand. |
Russ beim Kegeln im Künstlerhaus |
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Wieder in Österreich, nahm er an der Wiener Weltausstellung teil und wurde unter anderem gebeten, die Saalausstattung im Naturhistorischen Museum vorzunehmen. Er erhielt viele Aufträge und war einer der angesehensten Landschaftsmaler Österreichs.
Große dekorative Landschaften schuf er für
das Naturhistorische Museum und das neue Burgtheater.
Als Mitglied des Aquarellistenclubs malte er aber
auch im Kleinformat. Trotz seines Fleißes
verbrachte er seine letzten Lebensjahre in Not.
Er starb schließlich etwas unerwartet in
einem Wiener Krankenhaus: die unter den Mitgliedern
der Genossenschaft gesammelten Spenden konnten
nur noch seiner Schwester übergehen werden. Im Jahre 1922 starb er an den Folgen einer Gehirnhautentzündung.
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Die Windmühlen bei Retz
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Die Windmühlen bei Retz, 1895, Öl auf Leinen, St. Pölten Landesmuseum |
Auf Anregung Kaiser Josefs II. kam es im Weinviertel in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts verstärkt zur Errichtung von Windmühlen, da aufgrund der wenigen ausreichend Wasser führenden Bäche die Versorgung durch Wasser betriebene Mühlen nicht gewährleistet werden konnte. Noch zu Beginn des Industriezeitalters waren im Weinviertel mehr als vierzig Windmühlen in Betrieb.
In Retz wurden auf dem Gollitschberg nordwestlich der Altstadt ebenfalls zwei Windmühlen errichtet. Als der Wiener Maler Robert Russ die Windmühlen bei Retz im Jahr 1895 malte, war die erste steinerne Mühle von 1773 bereits seit fünf Jahren nur mehr als Wohnhaus in Funktion.
Wie seine Studienfreunde Emil Jakob Schindler, Eugen Jettel und Rudolf Ribarz, hatte Russ schon in jungen Jahren auf einer Studienreise die Landschaft Hollands 1872 kennen gelernt. Hier im Weinviertel bei den Retzer Windmühlen fühlte sich der Künstler wohl an diese Zeit erinnert. Viel wichtiger als das Motiv war ihm jedoch die Wiedergabe der vorgefundenen Lichtstimmung. Russ stellte die Gegend bei Sonnenaufgang dar.
Im Bildmittelgrund sieht man eine Gruppe von Frauen, die sich vermutlich auf dem Weg zum Markt befinden, gleich dahinter den noch heute existierenden, kleinen Steinbruch und als Hauptmotiv die beiden Windmühlen. Die Stadt selbst erstreckt sich in der in diffusem Morgenlicht dargestellten Ebene im Bildhintergrund.
Der hoch aufragende Rathausturm ist deutlich erkennbar.
Auf dem Hügel im Hintergrund links sieht man
auch den barocken Kalvarienberg aus dem Jahr 1726.
Das großformatige Ölgemälde zählt
zu den Hauptwerken der reifen Schaffensperiode
des Künstlers.
Ein Regentag in Spitz an der Donau
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Ein Regentag in Spitz an der Donau
Tempera, Gouache, Kreide über Bleistift auf Karton, um 1895, St. Pölten Landesmuseum |
Robert Russ, der mit seinen frühen Wachau-Ansichten 1870/71 als der eigentliche Entdecker der Wachau als Maler-Landschaft gilt, kam auch später immer wieder in die Wachau mit ihren besonderen Licht- und Farbstimmungen.
Diese Ansicht einer Straße in Spitz dürfte
um die Mitte der 1890er Jahre entstanden sein.
Dem Künstler geht es aber weniger um die effektvolle
Wiedergabe des Sonnenlichts, sondern um die atmosphärische
Stimmung eines Regentages. Gedämpfte, verhältnismäßig
kühle Farbigkeit und charakteristische Weißhöhung
machen den besonderen Reiz dieser Arbeit aus.
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Der Kalvarienberg bei Stift Lilienfeld
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Der Kalvarienberg bei Stift Lilienfeld
Öl auf Leinen, um 1907/08, St. Pölten Landesmuseum |
Das von Robert Russ geschaffene Gemälde "Kalvarienberg bei Stift Lilienfeld" gehört zum ältesten Bestand des Niederösterreichischen Landesmuseums. Stilistische Merkmale lassen auf eine Entstehung des Gemäldes um 1907/1908 schließen.
Insbesondere die Lichtsituation, die den oberen Teil des Motivs im Sonnenlicht strahlend und den unteren beschattet zeigt, lässt sich zu dieser Zeit auch bei einigen anderen Werken von Russ beobachten. Kräftig leuchtende Farben in der oberen Bildhälfte stehen in Kontrast zu dem sehr kühl wirkenden, jedoch unglaublich nuancenreich und buntfarbig geschilderten Schattenbereich.
Auch maltechnisch zeigt dieses Spätwerk neue, sehr modern wirkende Züge, eine Modernität, die zum Teil auffällige Parallelen zum Alterswerk Rudolf Alts aufweist. In Auseinandersetzung mit dem französischen Impressionismus, aber auch mit der Malerei der Secessionisten erreichte Russ seinen letzten Schaffenshöhepunkt.
Seine besondere Liebe gehörte der Landschaft Südtirols. Russ hielt sich hier seit den 1870er Jahren regelmäßig auf. In der Gegend um Bozen und Meran, aber auch später am Gardasee fand er die Lichtstimmungen, die ihn zu seinen Werken inspirierten und die ihm schon zu Lebzeiten den Titel "Meister der Beleuchtungseffekte" einbrachten. In Niederösterreich fand er vergleichbare Stimmungen im Weinviertel und vor allem in der Wachau, wo eine Reihe hochrangiger Arbeiten entstand.
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Quellen:
W. Krug,
in: Waldmüller bis Schiele,
Meisterwerke aus dem
Niederösterreichischen Landesmuseum, 2002;
Wiener Künstlerhaus Katalog
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Führungen am Zentralfriedhof
Hedwig Abraham
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