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Knips, Familiengruft
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Familiengruft
Knips
Großindustrieller
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Anton
Knips, 1879 - 1949
Industrieller
Sonja Knips, 1873 - 1959
Industriellengattin
Hietzinger Friedhof, Gruppe 32, Nr. B |
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Sonja Knips: Sie hieß Sophia,
liebte Gustav Klimt
und war Mäzenatin
von Josef Hoffmann
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Gleich vorweg: Sonja Knips (1873 - 1959)
ist hier nicht begraben. Ihr Gatte Anton, ihre Söhne,
ihr Bruder und andere Verwandte liegen hier. Wer war Sonja
Knips, die der Maler Gustav Klimt in einem Gemälde festgehalten
hat (Oberes Belvedere Wien)?
Sonja Knips stammte aus einer alten, angesehenen österreichischen
Offiziersfamilie namens Potier, welche ursprünglich
aus Belgien kam und deren Stammbaum sich bis 1745 zurückverfolgen
lässt.
Ihr Großvater Leopold Potier (1781 - 1840)
tat sich als Offizier 1814 bei der Schlacht von St. Julien
und Les Echeles durch Tapferkeit hervor, deshalb wurde er
in den Adelsstand erhoben und durfte sich von nun an Potier
Les Echeles nennen. |
Bildnis der Sonja Knips, Gustav Klimt,
1898 |
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Gatte Anton
ist ein reicher Sachse
Sonja wurde 1873 in Lemberg geboren, wo ihr Vater, ebenfalls
Offizier, stationiert war. Die Familie war reich an adeligem
Blut, aber arm an Geld. Sonja, die eigentlich Sophia hieß,
musste einen Beruf erlernen - sie besuchte das Lehrerinnenseminar
um nachher als Gesellschafterin zu arbeiten.
So verbrachte
sie dann ihre Nachmittage mit Vorlesen und Konversation führen
bei der alteingesessenen Wiener Familie Krassl-Traissenegg.
Diese besaß ein Eisenwerk, und führten gemeinsam
mit dem aus Sachsen stammenden Anton Knips die Firma Petzold
& Co. So lernte Sonja ihren Ehemann Anton Knips (1879 - 1949)
kennen. |
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Sonja Knips, 1908 |
▲
Wohnungsausstattung von Josef Hoffmann
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Sie heirateten 1896 in der Augustinerkirche
und bezogen eine Wohnung in der Gumpendorferstraße,
wo auch der Firmensitz war. Die beiden bekamen zwei Söhne,
Rudolf und Herbert.
Die Wohnung ließ Sonja
1903, im Gründungsjahr der Wiener Werkstätten,
von Josef Hoffmann neu einrichten.
Wie viele Ehen dieser Zeit wurde auch diese unter dem Aspekt "Adel
zu Geld" geschlossen.Obwohl die eheliche Gemeinschaft bis
zu Antons Tod im Mai 1946 bestehen blieb, waren Sonja und
Anton von Beginn an ein ungleiches Paar, das keinerlei gemeinsame
Berührungspunkte hatte. |
Wohnung in der Gumpendorferstraße |
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Wohnung Gumpendorferstraße,
Einrichtung von Josef Hoffmann, 1903 |
▲ Villa von Josef Hoffmann
Während Anton durch und durch Stadtmensch war, schätzte
Sonja ausgedehnte Spaziergänge und zog ein Leben am Stadtrand
von Wien dem Leben im Zentrum vor.
In ihrer Ehe herrschte keine
bürgerliche und patriarchalische Herrschaft - Sonja strebte
als Frau nach Emanzipation im Sinne von Selbstständigkeit,
sodass sie sehr bald ihren eigenen Interessen nachging.
1898
entstand ihr Portrait von Gustav Klimt, ob die beiden eine
Liebesbeziehung hatten? Keiner war dabei - möglich war es.
Anton Knips war freundlich, unauffällig
und schlicht - ein Kaufmann, der hauptsächlich für
seine Firma lebte. |
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Anton Knips, 1935 |
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Villa Knips, Döbling, Straßenseite |
Villa Knips, Döbling, Gartenseite |
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Für das, was seine Ehefrau tat, interessierte er
sich nicht besonders. Der Industrielle teilte weder ihr gesellschaftliches
Engagement noch ihre Begeisterung für moderne Kunst,
für
die jungen Künstler und noch weniger für die damit
verbundenen Kosten.
Tagebucheintragungen und überlieferten
Anekdoten zufolge hing der Knips'sche Haussegen aufgrund Sonjas "Bescheidenheit
in Geldsachen", wie sie es selbst ironisch formulierte, des Öfteren
schief.
Doch konnte sie sich am Ende immer durchsetzen. Anton
zahlte alles: Umbauten, Ausbauten, Landhaus und Villa. Und
er brachte die Mittel für ihre Extravaganz bei Kleidern
und ihre Sammeltätigkeit auf. |
Villa Knips in Döbling, Speisezimmer |
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Grabmal von Josef Hoffmann
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Sonjas jüngerer Sohn Herbert, der vier Jahre Krieg
in Russland unbeschadet überstanden hatte, wurde im letzten
Moment von der Spanischen Grippe 1919 dahingerafft.
Damals
entstand die Grabanlage am Hietzinger Friedhof. Der Auftrag
zur Gestaltung des Grabmals ging an Josef Hoffmann.
Zwei
Vermessungspläne
und eine kolorierte Zeichnung sind in Privatbesitz erhalten
und zeigen, wie geschickt Hoffmann das Grabmal in die vorgegebene
Standortsituation, die angrenzende Friedhofsmauer und den Baumbestand
hineinkomponiert hat.
Eine niedrige Balustrade, reizvoll mit
Traubendolden geschmückt, fasst das rechteckige Terrain
ein und grenzt es nach allen Seiten hin ab.
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Sonja als Mutter mit Rudolf |
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Anstelle der charakterlosen schwarz polierten Grabsteine
aus Granit mit ihrer leuchtenden Goldschrift wählte Hoffmann
als Werkmaterial Sandstein, der durch seinen hellen Farbton
der Grabstätte ein freundlicheres Aussehen gab.
Insgesamt sah Hoffmann für das Grabmal der Familie Knips
eine Anlage vor, in der sich Monumentalität und Feierlichkeit
vereinen sollten. Am Ende eines breiten Hauptweges innerhalb
des Friedhofsgeländes erhebt sich ein flacher Grabstein
in Form einer steilen Pyramide mit gekappter Spitze, vor der
ein Steindeckel zur Gruft liegt. Sein geometrisches Verständnis übertrug
Hoffmann auch auf die Natur, indem er sie domestizierte und
als kurzgeschorene, symmetrisch angelegte Rasenfläche
in Erscheinung treten ließ.
Während die Pyramidenform auf den charakteristischen
Bautypus eines alt-ägyptischen Königsgrabes hinweist
und der Dreiecksform im All-gemeinen etwas Mystisches und Magisches
anhaftet, ging es Hoffmann hier doch eher um eine ausgewogene
Form, zumal er laut Bertha Zuckerkandl generell "die Schönheit
in den richtigen Maßverhältnissen sucht."
Hoffmann wollte ein Grabmal schaffen, das eng an die Persönlichkeit
gebunden war. Da Sonja Knips zum Zeitpunkt, als die Begräbnisstätte
entworfen wurde, durch und durch den Geist der Wiener Avantgarde
atmete, ist es verständlich, dass Hoffmann eine einfache
und klassische Form für ihren Grabstein wählte. |
▲ Landhaus von Josef Hoffmann
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Landhaus Knips (1907) mit Bootshaus in
Seeboden (Kärnten) |
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Dass
die Mäzenatin letztendlich nicht in dieser Familiengruft
auf dem Hietzinger Friedhof beerdigt wurde, hängt sicherlich
nicht nur mit familiären Unstimmigkeiten zusammen.
Glaubt
man Familienanekdoten, so wollte Sonja auf keinen Fall Seite
an Seite mit der Cousine ihres Mannes, Barbara Knips (1865
- 1935), auch Bette genannt, beerdigt werden, da ihr Umgang
und Verhältnis miteinander nicht gerade herzlich waren. Die Wahl eines einfachen, bäuerlichen Marterls für
ihr Grabmal auf dem Dorffriedhof in Lieseregg hei Seeboden
in Kärnten ist eher im grundlegenden Wandel ihres Lebensstils
zu suchen.
Aus der einst gesellschafts- und kunstliebenden Sonja, die
ein offenes Haus für Musik- und Künstlerabende führte,
wurde eine alte Dame, die sich auf das Land zurückzog,
um nach all den schweren Schicksalsschlägen Halt in der
geliebten Natur und vor allem in der Religion zu suchen. |
Grab Sonja Knips in Seeboden |
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Sie war von jeher eine gläubige Person gewesen, die regelmäßig
zu Andachten nach Klosterneuburg fuhr, freundschaftlichen Kontakt
zum Priesterseminar in Lieseregg pflegte und für den Bau
der Kirche in Seeboden spendete.
Ihr Name ist in einem
Kirchenfenster verewigt. Mit der Anfertigung
des Marterls beauftragte sie den Holz- und Steinbildhauer Josef
Troyer. Vermutlich hat sie ihn über ihren alten Bekannten
Anton Hanak kennen gelernt, der bei ihm Schüler war. |
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Sonja Knips mit ihren Hunden, 1912 |
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Ihre Liebe zur Kunst von Gustav Klimt, ihre Vorliebe für
die Produkte der Wiener Werkstätte und für den Gedanken
des Gesamtkunstwerks ließen Sonja Knips zu einer der
herausragenden Persönlichkeiten im Wien des frühen
20. Jahrhunderts werden. Durch ihr Mäzenatentum, ihre
Unbeirrbarkeit und ihr unermüdliches Engagement brachte
sie die Wiener Moderne mit auf den Weg.
Sonja Knips starb 85-jährig an den Folgen eines Herzinfarkts
in ihrem Landhaus in Seeboden. |
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Quelle:
Sonja Knips und die Wiener Moderne
Gustav Klimt, Josef Hoffmann
und die Wiener Werkstätte gestalten
eine Lebenswelt.
Autor: Manu von Miller
Verlag Christian Brandstätter, 2004
ISBN 3-85498-356-5
städtische Bücherei Wien
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