Das Krönungszeremoniell begann mit mit der Einkleidung des Kaisers. Der Krönungsmantel bildete dabei das Hauptstück. Ergänzend dazu gibt es unter anderem die Handschuhe, Schuhe und Strümpfe.
Krönungsmantel, Herkunft, Symbolik, Purpur, Perlen, Handschuhe, Sandalen, Strümpfe
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Der
Krönungsmantel
Der Krönungsmantel, auch Pluviale genannt, wurde aber nicht wie ein Regenmantel getragen, sondern um 90 Grad gedreht, die Schließe lag auf der Schulter (meist rechts, Schwur- oder Schwerthand lag damit frei).
Abgesehen von der Verantwortung, die auf dem Träger lastete, trug er zusätzlich noch 11 Kilogramm Stoff. Der Mantel war weit mehr als ein Bekleidungsstück. Er entwickelte sich praktisch zu einem Teil der Insignien, ja sogar zu einer Reliquie, und wurde bei den Heiltumsweisungen gezeigt. |
Schließe lag auf der Schulter |
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Krönungsmantel: byzantinischer Seidenstoff bestickt, 3,4 m breit, 11 kg schwer |
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Wie der Krönungsmantel nach Deutschland kam
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Dass der Krönungsmantel Bestandteil des Krönungsschatzes des Heiligen Römischen Reiches wurde, hat wie so oft mit Heiratspolitik zu tun. Denn angefertigt wurde er ursprünglich für einen "Wikinger" :den normannischen Herzog Roger II. Als er im Zuge seiner Eroberungspolitik Sizilien einnahm, und dort zum König gekrönt wurde, ließ er für diesen Anlass den Krönungsmantel anfertigen (1133 n. Chr.).
Seine Tochter Konstanze heiratete 1186 den Sohn Friedrich Barbarossas, Heinrich VI. Dieser scheint nicht sehr nett gewesen zu sein, denn er nahm den Krönungsmantel und kehrte nach Deutschland zurück. Seine Frau und seinen Sohn Friedrich II. ließ er in Sizilien zurück. Und als Konstanze dann starb, erbte ihr feiner Gatte auch noch Sizilien, damit wurde es dem Heiligen Römischen Reich einverleibt. |
König Roger II. |
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So kam der normannische Krönungsschatz an die Hohenstauffer. Sein Sohn Friedrich II wuchs also ohne Vater in Sizilien auf, erzogen von muslimischen Kadis und Lateinlehrern. Mit 14 Jahren war er Vollwaise, ging nach Deutschland, konnte dort die Fürsten für sich gewinnen, und seine Machtansprüche durchsetzen.
Anlässlich seiner Krönung 1220 machte er den Krönungsmantel zum fixen Bestandteil der Reichsinsignien, und 47 Herrscher trugen ihn bei ihrer Krönung. Friedrich II sprach mehrere Sprachen und liebte die Falkenjagd, er schrieb darüber auch mehrere Bücher. Begraben ist er in Palermo. |
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Kaiser Friedrich II. |
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Symbolik des Krönungsmantels
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Löwe und Kamel |
Dattelbaum |
Siegessymbol
Der halbkreisförmige Mantel mit Goldfäden bestickt zeigt Löwen, die über Kamele triumphieren. Man ist geneigt, dies mit typisch abendländischer Interpretation zu belegen: Der Triumph der Christen über die Heiden. Die Ursprünge der Deutung sind aber bei den persischen Großkönigen zu suchen.
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Darstellungen eines siegreichen Löwen (über Pferd, Kamel oder Rind) sind bis in den Palast von Persepolis zurückzuverfolgen. Diese Hoheitsdarstellungen wurden dann später von den römischen Imperatoren übernommen und in weiterer Folge von den Kaisern des Heiligen Römischen Reiches. In der Mitte ist der Lebensbaum der arabischen Welt - der Dattelbaum - zu sehen. |
Persien: Palast von Persepolis |
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Himmelsmantel
Die gestickten Rosetten auf den Kniegelenken, auf der Stirn und auf dem Nasenrücken des Löwen ähneln dem Sternbild des Löwen, wie er auf einem Himmelsglobus aus dem Jahre 1225 dargestellt wird. Es ist möglich, dass hiermit auf eine weitere orientalische Tradition zurückgegriffen wird, nämlich den Herrscher mit einem Himmelsmantel auszurüsten. Die Rosetten auf dem Kamel sind als reine Dekoration zu sehen, da es kein Sternbild Kamel gibt. |
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Himmelsmantel: Sternbild Löwe |
Arabische Schrift am Mantelsaum
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Saum des Krönungsmantels |
Die gestickte Schrift am Mantelsaum, die von rechts nach links zu lesen ist gibt die Jahreszahl der Entstehung (1133 nach christlicher Zeitrechnung) und einen wunderbaren, dem Leben entnommenen Text an. Man wünschte dem Träger des Mantels nicht Gottes Segen und nicht ein glückliches Leben im Paradies, sondern den Erfolg im Diesseits, genug zu essen, zu trinken, die Freuden des Tages und der Nacht (ohne Ende und Veränderung!). Also alles lebensbezogene, irdische Dinge.
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Dass die arabische Schrift Kufi zum Einsatz kam, hat ebenfalls mit dem Entstehungsort zu tun. Denn in der Hofwerkstatt Rogers II wurden neben den französischen auch arabische Künstler beschäftigt, die bekannt waren für ihre hervorragenden Goldschmiede-, Email- und Stickereiarbeiten, und die die Kunst des Goldwebens kannten.
Allah hat einst Mohammed den Koran in arabischer Schrift und Sprache übergeben. Der Unterschied zu den semitischen Schriften ist, dass hier das Verbinden der einzelnen Zeichen und Buchstaben als Grundprinzip gesetzt wird. |
Kufi Schrift |
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Die Farbe Purpur
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Dass dieser Mantel, trotzdem er aus dem islamischen Kulturkreis stammte, bei den Reichskrönungen eingesetzt wurde, hat nicht nur mit dem hohen Materialwert und der faszinierenden Ausführung zu tun, sondern auch und vor allem mit seiner wunderbaren Farbenpracht.
Und das ist wahrscheinlich
das Unglaublichtste an diesem Kunstgegenstand: dass
der Mantel in diesem guten Zustand erhalten ist! Er
ist immerhin fast 1000 Jahre alt, und die mit Purpur
rot gefärbte byzantinische Seide leuchtet noch
immer "wie neu"!
Neben Indigo ist Purpur
der älteste Textilfarbstoff, wurde aber auch in
der Buchmalerei (z.B. Krönungsevangeliar) verwendet. |
Krönungsevangeliar |
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Purpurschnecken erzeugen in Drüsen
einen roten Farbstoff, zu dessen Gewinnung die Tiere
sterben mussten - sie wurden gekocht, der Stoff dann
in den Farbsud eingelegt.
Für die Herstellung von 1 g Purpur benötigte man 10 000 Tiere. Es war 300 mal so teuer wie Gold. Für diesen Krönungsmantel starben angeblich 40 000 Schnecken.
Auch von einem anderen
Tier hat man rote Farbe gewonnen, nämlich von
den weiblichen Schildläusen, die auf Kermeseichen
in Südeuropa leben und roten Kermessaft produzieren,
der auch Venezianisches Scharlach genannt wird. |
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Purpurschneckenhaus |
100 000 Perlen
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Krönungsmantel, Detail |
Am Krönungsmantel hat man über 100 000 Perlen eingearbeitet. Aber sowohl bei den Transporten, als auch bei den Zeremonien lösten sich v.a. immer wieder Perlen, und so hat man immer ein Nähzeug für Ausbesserungen mitgeführt. Es gibt aus der Kaiserzeit noch ein Schächtelchen mit speziell angefertigten Nadeln, mit denen die Restauratoren dann arbeiten konnten. Die Perlen waren nämlich so dünn gelocht, dass keine im Handel erhältliche Nadel durchpasste. Wie man das einst die Löcher gebohrt hat, ist unbekannt. Das Auffädeln der Perlen dürfte mit Schweinsborsten bewerkstelligt worden sein.
Die letzte Restaurierung des
Mantels erfolgte 1987. Damals hat man den Mantel im Format
1:1 fotografiert. Anhand dieser Matrize wurden die Perlen
wieder exakt an dem Platz aufgesteckt, wo sie vorher gewesen
waren. Insgesamt hat der Mantel drei große Restaurierungen
hinter sich, die Rechnungen über alle Ausbesserungsarbeiten
befinden sich im Depot.
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Futterstoffe
Auch das Futter im Inneren ist kostbar, eigentlich sind es gleich mehrere Stofflagen aus verschiedenen Jahrhunderten, die immer wieder überschichtet worden sind.
Diese Futterstoffe aus Seide hat man jetzt getrennt herausgenommen und aufbewahrt. Erstes Futter aus dem 12. Jhd. eines aus dem 14. Jhd. eines aus dem 16. Jhd. und eines wahrscheinlich aus dem 18. Jahrhundert. |
Detail Futterstoff |
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Handschuhe
Anlässlich der Krönung Friedrichs II, (1220) wurden die Krönungsgewänder um einige Teile erweitert, wie auch um diese Handschuhe, die vor 1220 in Palermo entstanden sind.
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Diese Handschuhe haben einen ungeheuren Symbolcharakter, es sind die sog. Pontifikalhandschuhe.
Pontifex heißt Brückenbauer; der Papst ist der oberste Brückenbauer - symbolisch gemeint: Brücke von Mensch zu Mensch, von Mensch zu Gott, von Religion zu Religion....In diesem Fall wurde der Kaiser dem Papst (fast) gleichgestellt.
Mit der Überreichung eines Handschuhes konnte verschiedenes ausgedrückt werden. Zum Beispiel Verleihung des Marktrechtes oder eines Lehens, aber auch für den Rechtsbann. Der Handschuh diente auch als Liebespfand zwischen Ritter und Adelsfräulein, allerdings konnte man die Liebe auch kündigen, indem man den Handschuh zurückwarf (Handschuh-Ballade von Schiller). Allseits bekannt ist der Brauch, einem Feind den Handschuh vor die Füße zu werfen, und ihn damit zum Duell aufzufordern. |
Krönungshandschuh, Vorderseite |
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Dieser Handschuh ist ebenfalls eine Arbeit von griechisch-byzantinischen Seidenwebern. Appliziert sind Emailplättchen und alte Steine.
Es ist eine wunderschöne Technik, man erkennt deutlich den arabischen Einfluss. Es ist auch zu sehen, welche Techniken damals schon bekannt waren: Emaillieren, Niello, Stickerei, Fassen der Edelsteine, usw. |
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Detail Handschuh |
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Sandalen
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König Roger II wurde vom Papst das Recht verliehen, diese Sandalen und eine Mitra zu tragen. Daher nimmt man an, dass die Sandalen hier gleichzeitig mit dem Krönungsmantel angefertigt wurden.
Allerdings hat man auf die Schuhgrößen der Kaiser keine Rücksicht genommen, und dementsprechend wurden die Schuhe oft umgearbeitet. Die jetzige Form stammt aus dem 17. Jhd, der Stoff, reichlich mit Perlenstickerei versehen aus dem 12. Jhd. |
Krönungs-Sandalen |
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Strümpfe
Die ursprüngliche Fußbekleidung aus Leder oder Holz dehnte sich im Laufe der Geschichte bis zur Wade hinauf aus - die Strümpfe entstanden.
Diese hier wurden so wie die anderen Teile des Krönungsgewandes in Palermo (erste Hälfte des 12. Jhd.) angefertigt. Purpurgefärbte Seide mit Goldstickerei, die gewebte Borte mit Inschrift ist in schöner Tapisserietechnik ausgeführt. Die roten Seidenbänder, die die Strümpfe festhielten, kamen spät dazu (erst im 19. Jhd. - ursprünglich waren Riemchen angenäht).
Die Farbe Purpur war nur dem Herrscher vorbehalten. Als Byzanz 1453 eingenommen wurde, erkannte man den getöteten Basileus (Kaiser des oströmischen Reiches) unter den Gefallenen nur an seinen purpurfarbenen Strümpfen. |
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Krönungs-Strümpfe |
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November 2002
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