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Sagen | Vortrag
Sagen, Mythen und Legenden Wiens
Vortrag von 2012 für die Städtische Bücherei
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Das Wort Märchen hat sich aus dem mittelhochdeutschen
Wort Maere entwickelt, was soviel wie Kunde/Bericht/Nachricht
bedeutet.
Typisches Merkmal eines Märchens ist, dass es keine
Ortsangabe gibt: "Es
war einmal in einem fernen Land..." Weiteres Kennzeichen:
Die Handlung ist frei erfunden.
Märchen treten in allen
Kulturkreisen auf, man denke an 1001 Nacht aus dem arabischen
Raum. |
Es gibt Volks- und Kunstmärchen. |
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Charakteristikum von Märchen sind phantastische Elemente
wie sprechende Tiere. Früher war es gestiefelte Kater, heute
ist es der König der Löwen.
Durch Hexen, Zauberer
und Feen werden Dinge lebendig, auch Ungeheuer und Riesen
kommen vor. In Wien wird man auf der Suche nach Märchen nicht so leicht
fündig.
Trotzdem gibt es sie noch: In Form eines bezaubernden
Spielzeuggeschäftes in der Lange Gasse, 8. Bezirk und in
einer einzigen!!!! Märchengrottenbahn - dafür ist es die älteste
im Prater, gegründet 1952 (Anm.: der
Wiener Vergnügungspark erlitt im 2. Weltkrieg schwerste Kriegsschäden). |
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Spielzeuggeschäft, 8., Lange Gasse |
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Märchengrottenbahn: Silberbergwerk im Prater |
Hans im Glück |
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Volksmärchen und Kunstmärchen
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Man unterscheidet zwischen Volksmärchen und Kunstmärchen.
Bei Volksmärchen gibt es keine eindeutige Urheberschaft,
sie entstanden anonym.
Bei Kunstmärchen sind die Autoren
bekannt. Zum Beispiel Wilhelm Hauff (Zwerg Nase) oder Hans
Christian Andersen (Hässliches Entlein).
Letzterer war zwei Mal
in Wien und hat dabei im Schloss Schönbrunn persönlich
vorgelesen. Kaiser Franz Joseph I. schrieb in sein Tagebuch:
... "war heute bei der Mama, wo der Däne Andersen Märchen
vorlas".... (9.3.46).
Andersen war schon zuvor, 1834,
in Wien gewesen, wo er in der Naglergasse 8 wohnte. Heute
zeugt davon eine Gedenktafel (Bild links). |
H.C. Andersen in Wien, Gedenktafel Naglergasse |
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Gebrüder Grimm und die Wollzeiler
Die ersten, die im deutschsprachigen Raum Märchen sammelten
und aufschrieben, waren die Gebrüder Grimm.
Jacob Grimm
(1785 - 1863) und Wilhelm Grimm (1786
- 1859) waren auch Sprachwissenschaftler,
auf sie soll die heutige Germanistik zurückgehen, denn
sie waren die ersten die ein deutsches Wörterbuch geschrieben
haben. Es umfasst 33 Bände, 67.744 Spalten, 350.000 Stichwörter.
Sie begannen damit 1838 und führten es bis zu ihren
Tod weiter.
Einmal gab es bei der Millionenshow im Fernsehen
die Frage: Wer schrieb das erste deutsche Wörterbuch?
Der Kandidat traute den Gebrüdern Grimm diese Leistung
nicht zu - und schied aus.
Als Jacob Grimm, der jüngere, war im Zivilberuf Jurist.
Als solcher vertrat er den Kurfürsten von Kassel hier
in Wien beim Wiener Kongress. Und er nutzte die Gelegenheit,
die "Wollzeiler" zu treffen. |
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Gebrüder Grimm |
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Die "Wollzeiler" waren eine illustre Männerrunde:
Dichter, Literaten, Buchhändler und Antiquare.
Sie trafen sich zum Lesen und Diskutieren jeden Mittwoch Abend
in einem Lokal in der Wollzeile. Und auch anderweitig gab es
sicher Vergnügungen: bei dem Vereinslokal soll es sich
um ein Bierwirtshaus gehandelt haben.
Wo genau sich dieses befunden hatte, konnte ich nicht herausfinden,
es wird in den Quellen nur von "der Nähe zum Stephansdom"
gesprochen.
Jedenfalls schickten diese Wollzeiler auf Bitte von Jacob
Grimm 360 Umfragebögen in alle Teile des Reiches, um seine
Sammlung zu ergänzen. |
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Grausame Märchen werden mit der Zeit "verniedlicht"
1815 war das Werk "Kinder- und
Hausmärchen" der Gebrüder Grimm fertig. Die
Texte wurden jedoch von Auflage zu Auflage weiter überarbeitet,
teilweise „verniedlicht“ und mit christlicher Moral
unterfüttert.
Die Grimms reagierten damit auch auf Kritik,
die Märchen seien nicht „kindgerecht“. Um dem
zeitgemäßen Geschmack des vorwiegend bürgerlichen
Publikums entgegenzukommen, wurden auch wichtige Details geändert.
So wurde aus der Mutter in Hänsel und Gretel eine Stiefmutter,
denn ihr Verhalten, die Kinder zu verstoßen, war mit dem
Mutterbild des Bürgertums nicht zu vereinbaren. |
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Hänsel und Gretel: Mutter wird zu Stiefmutter |
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Das Wort Sage stammt aus dem althochdeutschen "Saga" und
bedeutet "Gesagtes". Sagen wurden wie Märchen mündlich überliefert,
sind aber nicht wie diese frei erfunden.
Der Kern der Erzählung
hat Wahrheitsanspruch. Zeit- und Ortsangabe sind ein Charakteristikum
von Sagen.
Oft führten Not und Elend wie Naturkatastrophen (Überschwemmungen)
oder Krankheitsepidemien (Pest) zur Entstehung von Sagen, aber
auch geschichtliche Ereignisse (Türkenbelagerung). |
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Sagen waren früher Bildungsgut
der Erwachsenen
Sagen werden heute Kindern zugeordnet. Nur mehr in der Volksschule
sind sie ein Thema. Das war aber nicht immer so: früher
zählten Sagen
und Mythen zum festen Bestandteil der Erwachsenenbildung, erst
in der Mitte des 19. Jahrhunderts erschien ein Buch in "Kindersprache" geschrieben.
Sagen waren Bildungsgut der Stadt
und auch der Touristen. Reiseführer in Buchform sind
daher eine wichtige Quelle in der Sagenforschung.
So wird der Stock
im Eisen 1632 in einem Führer erstmals erwähnt.
In späteren steht geschrieben, dass der Portier im Palais
Equitable eine Broschüre mit der Sage verkauft.
1822 erschien erstmals ein Buch mit Wiener Sagen (Franz Ziska).
Das Besondere daran war, dass es in Mundart geschrieben war
(Schtog im Eisen) |
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Stock im Eisen, Detail Palais Equitable |
Sagen verändern sich: Lugeck
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Sagen wurden und werden, je nach subjektiver Wahrnehmung,
oft fantastisch ausgeschmückt und umgestaltet.
Ein Beispiel:
Am Lugeck, auf dem Regensburger Hof lugen eine männliche
und eine weibliche Figur ums Eck. Sie hatten einen Sohn, der
in den Krieg zog und sie halten nun nach ihm Ausschau.
Das Ende der Geschichte hört sich bei meinen Führungen so
an: Er kam wieder, war inzwischen so reich geworden, dass
er das Haus neu bauen lassen konnte. In Erinnerung an
seine treuen Eltern ließ er deren Büsten auf den Neubau übertragen.
Bei einer Kollegin
hört
sich das ganz anders an: Sie lässt ihn die Kriegskasse
stehlen, in Gefangenschaft raten und elendiglich zugrunde
gehen. Und wiedergekommen ist er schon recht nicht mehr. |
Lugeck: Ein Ehepaar lugt ums Eck |
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Lugeck, links |
Lugeck, rechts |
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Naturelemente: Wassermännlein und Donauweibchen
In Fall von Wien entstanden so viele wassergebundene Sagen,
traten der Wienfluss und die Donau im Sommer als Hochwasser
und im Winter als Eisstoß doch immer wieder über
die Ufer.
In den Wiener Wassermännlein treten dabei gute als
auch böse Wassergeister in Erscheinung: solche, welche Menschen
vor einem Unwetter warnen, und solche, die sie in die Tiefe ziehen,
sollten sie aus Unachtsamkeit an eine gefährliche Stelle
geraten.
Und auch das schöne, verführerische Donauweibchen
darf natürlich nicht fehlen. Auch auf dieses trifft
man mehrmals in Wien (Denkmal Stadtpark, Stiegenhaus Hotel
Imperial, Sgraffito Opernring, Wien Museum). |
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Donau und Wienfluss bedrohten die Stadt |
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Wassermännlein, Meidling |
Donauweibchen, Hotel Imperial |
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Pestzeit:
Der Liebe Augustin
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Die berühmteste Pestsage erzählt vom Lieben Augustin.
Die damals an der Pest erkrankten Menschen verfielen im Endstadium
oft in einen todesähnlichen Trancezustand. Daher war die
Angst vor dem Lebendig-Begraben-Werden damals allgegenwärtig.
Deshalb wirkte diese Sage, die erzählt, dass man eine
Nacht inzwischen Pestleichen überleben
kann, äußerst beruhigend auf die damals
so Not leidenden Menschen.
Und in Wien gibt es noch eine zweite
Moral dieser Sage: "Trink den Wiener Wein, soviel zu
kannst, er hält dir sogar die Pest vom Leib!" Und
das zelebriert man am Besten im Griechenbeisl, wo der Liebe
Augustin auch heute noch seinen Dudelsack spielt.
Seine Pestgrube nehmen gleich zwei Bezirke für sich in Anspruch.
Im 7. Bezirk soll der Augustinbrunnen an die denkwürdige Stelle
erinnern, im 3. Bezirk, am Kardinal-Nagl-Platz erzählt ein
Hauszeichen von der gleichen Gegebenheit. |
1., Der Liebe Augustin im Griechenbeisl |
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7., Augustinbrunnen am Augustinplatz |
3., Hauszeichen Kardinal Nagl Platz |
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Inschrift Hauszeichen 3.,: Jene Pestgrube, in der Augustin
eine Nacht verbrachte, befand sich in der Nähe des Kardinal
Nagl Platzes.
Wahrscheinlich, weil man sich doch nicht so sicher ist, ob
am Augustinplatz auch wirklich die Pestgrube war, hat man sicherheitshalber
den Platz auch noch einer Frau gewidmet: Liane Augustin (1928
- 1978). Die Sängerin (Song-Contest Teilnahme1958, 5. Platz)
und Schauspielerin (Fiakermilli) war ab 1953 die Chefin und
Grand-Dame der Edenbar.
Dem Sagenbereich ist auch die Aussage der Gedenktafel am
Augustinplatz zuzurechnen, die erzählt, dass sich hier im Jahre
1683 das Zelt von Kara Mustafa befand. Denn die Wiener Quellen
geben die Schmelz im 15. Bezirk als Standort für sein Prunkzelt
an.
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Liane Augustin nahm 1958 für Ö am Song-Contest teil. |
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7., Augustinplatz, Gedenktafel Kara Mustafa |
Sein Zelt soll sich hier 1683 befunden haben. |
▲ Historische Ereignisse: Türkenbelagerung
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Als die Türken 1529 erstmals Wien belagerten, begannen sie
mit der Sprengtechnik, die sie später bis zur Perfektion beherrschen
sollten. Die Sage "Zum Heidenschuss" legt davon Zeugnis ab.
Auf
der Freyung befindet sich ein säbelschwingender Türke mit
Turban. Dort soll sich die Backstube befunden haben, in der
Bäcker Erbsen auf Trommeln legten. Als diese begannen, auf
und ab zu hüpfen, wussten sie, dass der Gegner begonnen hatte,
einen Stollen unter die Stadtmauer zu treiben.
Am Ende dieses
Stollens wurden dann Pulverfässer deponiert, der Bereich
abgemauert und mittels Lunte ferngezündet. Durch die Wachsamkeit
der Bäcker konnte das Vorhaben der Türken jedoch unterbunden
werden. |
Zum Heidenschuss, Freyung |
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Bäckerschupfen: keine Sage
sondern brutale Wirklichkeit
Bäcker kommen einige Male in Wiener Sagen vor, was davon
zeugt, welch wichtige Rolle dieses Gewerbe im Wiener Stadtleben
gespielt hat.
Brot gehörte nämlich im Mittelalter zum
Grundnahrungsmittel (neben gewässerten Wein), daher
verlieh man den Brotformen auch kraftgebende Gestalt: Das
Salzstangerl stellte die Männlichkeit dar, das Baunzerl
(Semmel mit Spalt) das weibliche Gegenstück.
Das Bäckerschupfen wird oft als Sage geführt, dabei
handelt es sich allerdings um eine historische Bestrafungsart.
Das letzte Bäckerschupfen wurde 1773 durchgeführt:
Der betrügerische Bäcker wurde in einem
Käfig
gesperrt und das Donauwasser getaucht und nach einiger
Zeit erst wieder hochgezogen.
Dass das Brotmaß am Stephansdom etwas mit
dem Bäckerschupfen zu tun hat, ist jedenfalls weder
eine Sage, noch eine historische Gegebenheit, sondern schlicht
und einfach ein "gutes G'schichtl". |
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Basiliskenhaus, Schönlaterngasse: Bäcker
mit Brezel |
▲ Basilisk - Spassilisk - Babazi
Daran, dass früher viele Wiener an der schlechten Wasserqualität
zu leiden hatten, mitunter sogar daran starben, erinnert die
Sage vom Basilisken, der das Brunnenwasser vergiftete.
Noch
dazu stieg aufgrund der geologischen Verhältnisse
stinkendes Schwefelwasser empor, was ihn
zu einer grässlich
stinkenden Bestie werden ließ. Aber er wurde besiegt!
Wie - darüber
gibt es verschiedene Versionen.
Der Basilisk ist im Wiener Stadtbild omnipresent: Schönlaterngasse,
Anker Uhr, Stadtpark (Brunnen), Prater.
In letzteren mutiert er im Eingangsbereich
zum Spassilisk und noch eine Abwandlung hat er mitmachen
müssen: Babazi wurde von einem Marketingteam kreiert: Ein auferstandener
Basilisk, der in neuen Geschichten jede Menge Abenteuer erlebt.
Zu sehen sind diese beim Wachsfigurenkabinett von Madame
Tussaud. |
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Basilisk unterhalb der Anker-Uhr |
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Prater: Spassilisk |
Prater: Babazi |
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Rübezahl und Riesentor
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In den Sagen des Wienerwaldes treten oft Waldgeister und
Waldfeen auf. So auch beim Agnesbründl. Hintergrund der Sage ist
der 30- jährige Krieg.
Der Berggeist Rübezahl ist am
Austriabrunnen auf der Freyung zu finden. Nicht zufällig,
denn Sagen sind ortsgebunden.
Rübezahl stammt aus dem
Riesengebirge und dort entspringt die Elbe, welche am Brunnen
personifiziert dargestellt ist (ebenfalls der Po, die Donau
und die Weichsel).
Auch historische Ereignisse der Stadtgeschichte waren Anlass
zur Entstehung von Sagen und sind im Volkswissen noch verankert:
Bei den Grabungen zum Bau des Nordturmes vom Stephansdom wurde
im Erdreich ein Mammutknochen gefunden.
Weil man Mammuts damals
noch nicht kannte, dachte man, es müsse sich um
den Knochen eines riesigen Menschen handeln. Das Relikt
aus Urzeiten wurde beim Haupteingang aufgehängt. So entstand
der Sage nach der Name Riesentor. |
Rübezahl auf der Freyung, Austriabrunnen (Detail) |
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Mammutknochen vom Riesentor, 1443, Stephansdom |
▲ Mythen
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Das Wort Mythologie hat griechischen Ursprung.
mythoi = Geschichten;
legein = Erzählen
Mythen sind erzählte Geschichten. Es gibt sie in allen unterschiedlichen
Kulturkreisen. Sie beinhalten die Vorstellungswelten der Menschen
und versuchen Erklärungen und Antworten die Frage nach dem
Woher, Wohin und Warum zu geben.
Wien hat einige schöne Beispiele für Entstehungsmythen wie
Sonnenblume, Panflöte und Lorbeerkranz des Apoll (Belvedere),
Lyra/Kithara (Beethovendenkmal) und Geburt des Herkules (Denkmal
Josef II.). |
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Entstehungsmythen
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Panflöte |
Pan (halb Mensch, halb Ziegenbock) stellte der Nymphe Syrinx
nach, die jedoch nichts von ihm wissen wollte.
In ihrer Not
bat sie auf der Flucht vor Pan ihren Vater, den Flussgott
Ladon, sie zu verwandeln. Sie wurde zu Schilfrohr.
Als Pans
Atem durch die Halme streifte, ertönte ein wunderschöner
Ton. Daraufhin schnitt dieses ab und machte daraus mit Hilfe
von Wachs eine Flöte – später
Panflöte genannt. |
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Syrinx wird zu Schilf - Panflöte, Oberes
Belvedere |
Lorbeerkranz Apolls |
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Die Geschichte von Apoll und dem Lorbeerkranz ist ähnlich.
Er verliebte sich in Daphne. Doch diese verschmähte seine Annäherungen
und floh vor ihm. Verzweifelt bat sie ihren Vater, ihr zu helfen
und sie zu verwandeln. Sie erstarrte zu einem Lorbeerbaum.
Apoll, völlig verzweifelt, schnitt einige Zweige ab und trug
ihr zu Ehren ab da einen Lorbeerkranz auf seinem Haupt.
Beide Darstellungen befinden sich im Oberen Belvedere, Erdgeschoss
(Raum ausgestaltet von Carlo Carlone, heute Mittelaltersammlung). |
Lorbeerkranz des Apoll, Oberes
Belvedere |
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Sonnenblume |
Eine Deckenmalerei im Unteren Belvedere zeigt Klytia und
Apoll. Sie hatte sich unsterblich in ihn verliebt und schreckte
auch nicht davor zurück, ihre Rivalin zu töten. Damit hatte
sie aber bei Apoll endgültig verspielt.
Daraufhin setzte sich
Klytia nackt auf einen Felsen nieder, aß und
trank nichts, starrte in die Sonne und beklagte ihr Unglück.
Nach neun Tagen wurde ihr Herzeleid zu gelben und braunen
Farben: Sie wurde in eine „Sonnenblume“ verwandelt,
die ihre Blüte stets nach Apolls Sonnenwagen drehte. |
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Klytia wird zur Sonnenblume und blickt Apoll nach |
Lyra |
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Rund um das Beethovendenkmal tummeln sich neun Putti. Sie
stehen für die neun Symphonien des großen Komponisten. Einige
von ihnen stellen auch Götter dar.
In der Mitte der Vorderseite des Denkmales kniet Hermes. Er
war ein kleines Wunderkind wie Herkules. Schon wenige Stunden
nach seiner Geburt kroch er aus der Höhle,
tötete eine Schildkröte, und machte aus ihrem Panzer
eine Kithara - die Vorläuferin der Gitarre.
Andere Quellen geben
die Lyra oder die Zither an. Darauf würde das Plektrum
hinweisen, welches
Hermes in der Hand hält. |
Hermes erfindet die Lyra/Gitarre, Beethovendenkmal |
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Weil Hermes seinen Halbbruder Apoll verärgert hatte,
überließ er diesen zur Wiedergutmachung die Lyra. Apoll wiederum
schenkte sie an Orpheus weiter, der mit seinem Gesang alle betörte.
Er verliebte sich in Eurydike. Als diese von einer Schlange gebissen
wird und stirbt, will er sie aus der Unterwelt zurückholen. Doch
das gelingt ihm nicht, und die Geliebte entschwindet für immer.
Apoll thront mit der Lyra auf dem Dach des Wiener Burgtheaters.
Die Geschichte von Orpheus ist am Eisernen Vorhang der Wiener
Staatsoper zu sehen. |
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Apoll mit Lyra, Burgtheater |
Orpheus mit Lyra, Staatsoper |
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Wer schlug Medusa den Kopf
ab?
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Die Millionenfrage bei Armin Assinger lautete 2002: Wer
schlug der griechischen Sage nach Medusa den Kopf ab?
A Herkules
B Jason
C Perseus
D Archilleus
Der Kandidat wusste die richtige Antwort: Perseus.
Dessen Geburtsgeschichte inspirierte Tizian zu einem großartigen
Gemälde. Zeus verwandelte sich in Goldregen um die Geliebte
begatten zu können - Perseus wurde geboren. |
Wer schlug Medusa den Kopf ab? |
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Geburt des Perseus, Tizian, KHM |
Perseus und das Haupt der Medusa, Schönbrunn |
Nachdem Perseus Medusa, deren schrecklicher Anblick jeden
augenblicklich zu Stein erstarren ließ, enthauptet hatte,
gelangte er auf seiner Weiterreise zum Palast des Atlas.
Der
Titan aber verweigerte ihm die gastliche Aufnahme. Der erboste
Perseus hielt ihm daraufhin das erbeutete Haupt der Medusa
entgegen, worauf der Titan zu einem gigantischen Felsen,
dem Atlasgebirge (2300 km lang), versteinerte.
Perseus reiste weiter und traf Andromeda, die von einem Ungetier
getötet werden sollte. Er befreite sie und die beiden
wurden ein glückliches Paar. Diese Liebesgeschichte zeigt
der Andromedabrunnen im Alten Rathaus. |
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Atlas, Nationalbibliothek, Hofburg |
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Andromedabrunnen, Altes Rathaus |
Perseus auf Pegasus, Andromedabrunnen (Detail) |
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Amerikanischer Tourist kauf Pegasus-Rosse der Staatsoper
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Peter Paul Rubens hat das Haupt der Medusa wohl am eindruckvollsten
dargestellt. Im Bildvordergrund sind grüne Pflanzen zu sehen.
Als ihr nämlich der Kopf abgeschlagen wurde, tropfte das Blut
zu Erde, wo es aufkam begannen Heilkräuter zu spießen. Zugleich
gebar sie aus ihrem Rumpf Pegasus, ein weißes
geflügeltes Ross. Sofort nach seiner Geburt flog Pegasus
zum Heimatberg der Musen, dem Helikon. Sie gewährten ihm
großzügig Gastfreundschaft.
Aus Dankbarkeit schlug das Pferd
mit seinem Huf an einen Stein, worauf aus dem eine Quelle
sprudelte. Jener, der davon trank, wurde zu künstlerischen
Schaffen inspiriert.
Seit dieser Zeit gilt Pegasus als
Symbol der Musen, des Dichtens und der schöpferischen Kräfte. |
sterbende Medusa gebiert Pegasus, Rubens, KHM |
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Pegasus; klassische Dichtung, Staatsoper |
Pegasus; romantische Dichtung, Staatsoper |
Die Rosse, welche heute die Staatsoper bekrönen, stammen
von Julius Hähnel und wurden erst 1878 aufgestellt.
Ihre Vorgänger wurden von Vinzenz Pilz geschaffen (1869),
und der Kaiser soll damit gar nicht glücklich gewesen
sein. Zu wuchtig, zu monumental - sie passten einfach nicht
zu dem filigranen Musentempel!
Als dann ein amerikanischer Tourist Gefallen
an den Pferden fand, und bereit war, sie zu kaufen, war man
froh, sie loszuwerden. So wurden sie schon nach einem
Jahr sie wieder abgenommen und stehen heute in den USA,
vor der Memorial Hall in Philadelphia.
Pilz fand später zu einem gemäßigteren Stil, wie seine Quadriga
auf dem Parlament zeigt. |
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Quadriga Parlament, Vinzenz Pilz |
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Harmonie, Vinzenz Pilz, USA |
Poesie, Vinzenz Pilz, USA |
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Memorial Hall in Philadelphia, USA, mit
den Wiener Rossen von Vinzenz Pilz |
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Göttliche Habsburger
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Es ist leicht in dieser Stadt auf griechische und römische
Götter
zu treffen. War hier doch jahrhundertelang der Hauptsitz der
Habsburger, die sich gerne mit der antiken Götterwelt
in Verbindung brachten.
Jeder, der damals etwas auf sich hielt, stammte in direkter
Linie von Zeus oder Herkules ab. Auch die kaiserliche Familie
hatte solche Stammbäume anfertigen lassen. (Auch im christlichen
Sinne, wo sie verkündigten, nur Gott habe ihnen was zu sagen,
weil der schließlich ihr nächster Verwandter sei.)
Viele Darstellungen glorifizieren die Herrscher als tapfere
Helden, weise Staatsmänner, unbesiegbare Krieger oder großzügige
Kunstliebhaber.
Im Deckenfresko der Kaiserstiege im Stift Herzogenburg, NÖ,
ist Kaiser Karl VI. (1685 - 1740) persönlich als Mischung
von Sonnengott und Apoll dargestellt. |
Kaiser Karl VI. als Apoll, Stift Herzogenburg |
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Im Festsaal der Akademie der Wissenschaften
erscheint er nochmals, zusammen mit seiner Gattin Maria Theresia,
abgebildet in einem Medaillon, welches von Chronos getragen
wird.
Der Gott der Zeit wurde üblicherweise mit Stundenuhr
und Sichel/Sense dargestellt. Hier wird die Sense von einem
Adler zerbrochen, als Zeichen des ewig andauernden Ruhmes.
Verstärkt wird die Botschaft noch durch die Siegeszeichen
Palmzweig und Lorbeerkranz.
Auf der Kaiserstiege im Stift Melk zeigt sich Kaiser Karl VI.
als Herkules. Jedoch nicht als personifizierte Statue,
sondern diskreter.
Ein
Löwe
(= Herkules) steht vor einem einem Medaillon mit dem
Wahlspruch Constantia et fortitudine (= Kaiser Karl VI.;
Beständigkeit
und Kraft). |
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Chronos und der ewige Ruhm für das
Kaiserpaar,
Akademie der Wissenschaften |
▲ Herkules und die Habsburger
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Taten des Herkules, Hofburg, Michaelertrakt |
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Vor allem in der Wiener Hofburg stechen die Herkules-Statuen
ins Auge. Was machte gerade ihn so interessant? Er war nicht
der klügste und nicht der Stärkste.
Und er hatte sich auch
nicht immer im Griff. So tötete er, wenn auch durch äußere
Umstände beeinflusst, von Wahn befallen, seine Gattin und Kinder.
Als Strafe dafür musste er die 12 Taten durchführen, von denen
fünf in der Hofburg dargestellt sind.
Aber er war einer der ganz wenigen, der es
als Halbgott (sein Vater war Zeus, seine Mutter die menschliche
Alkmene) geschafft hatte, in den Olymp aufgenommen zu werden.
Und dort wollten die Habsburger schließlich auch hin. |
Karl VI. als Löwe = Herkules, Kaiserstiege
Melk |
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Aber auch andere Gründe sprechen für Herkules.
Er war ein im ganzen antiken Raum beliebter Held. Es gibt
kaum einen Sagenzyklus, in dem er nicht vorkommt. Er "einigte"
das Reich.
Als man in der Renaissance begann, sich mit der Antike zu
beschäftigen, war dieser Aspekt für das Herrscherhaus nicht
uninteressant.
Kaiser Maximilian I. (1459 - 1519), der mit der Glaubensspaltung
von Katholiken und Protestanten kämpfen musste, war der
erste Habsburger, der sich als "Herkules germanicus" bezeichnete,
Sein Enkel Kaiser Karl V. (1500 - 1558) übernahm die Säulen
des Herkules in sein Wappen mit dem Wahlspruch Plus Ultra:
Immer weiter (gen Westen). |
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Herkules germanicus: Kaiser Maximilian I. |
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Die Säulen des Herkules: Wappen Kaiser Karl V. |
Geburt des Herkules, Denkmal Josef II., Hofburg |
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Herkules, Hofburg, Reichskanzleitrakt |
Herkules, Hofburg, Burggarten |
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Herkules im Erdgeschoss vom
Schloss Schönbrunn |
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Herkules im Schönbrunner Schlosspark wird von den Eichkätzchen
"gepflegt" |
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